Geschichte ist in der Sek I ein weitgehend mündliches Fach. Während die allgemeine Sprachkompetenz immer weiter zurückgeht, haben viele Schülerinnen und Schüler Schwierigkeiten, sich im Geschichtsunterricht fachangemessen auszudrücken, besonders im schriftlichen Bereich. Dabei haben sprachliche Quellen immer noch einen bedeutenden Anteil im Unterricht. Als Aufgabe für Seminarausbildung ergibt sich Handlungsbedarf: Lehramtsanwärter müssen in Planung- und Durchführungsebene geschult werden, im Blick auf sprachsensiblen Geschichtsunterricht fach- und sachangemessene Aufgaben zu stellen. Dies gilt nicht nur für sprachliche Quellen, sondern auch für Bilder, Fotos und Audioquellen.
Geschichtsunterricht an modernen Schulen findet in Klassen statt, deren Schüler unterschiedliche kulturelle und sprachliche Voraussetzungen haben. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, Lehrpersonen dahingehend zu schulen, dass sie die sprachlichen Voraussetzungen von anspruchsvollen Texten im Unterricht klären können. Die Schüler werden dadurch dazu befähigt, nicht nur Geschichte, sondern auch (Fach-)Sprache zu lernen. Um Schülerinnen und Schüler über die sprachlichen Voraussetzungen historischen Lernens aufklären zu können, müssen Lehrer die bildungssprachlichen Anforderungen der Gegenstände, die sie lehren, verstehen. Bildungssprache unterscheidet sich von Alltagssprache. Nicht selten haben Schüler noch wenig Erfahrung mit den sprachlichen Voraussetzungen der Texte und Aufgaben, die ihnen im Geschichtsunterricht der Schule begegnen. Kurz: Es ist nicht nur wichtig zu erkennen, dass Geschichte eine sprachbasierte Disziplin ist. Geschichtslehrerinnen und Geschichtslehrer müssen bei der Klärung bildungssprachlicher Voraussetzungen historischen Lernens auch unterstützt werden.
Bei vielen Lernenden, unabhängig davon, ob ein- oder mehrsprachig, besteht in Deutschland ein großes Defizit im Hinblick auf ihre Lese- und Schreibkompetenz. Dadurch entstehen häufig Verständnisprobleme im Umgang mit Lehrbuchtexten und Quellen. Diese Kompetenzen entwickeln sich nicht automatisch, sondern bedürfen einer stetigen Einübung und professionellen Entwicklung. Syntaktische Strukturen und entsprechende Begriffe müssen eingeführt und reflektiert werden. Schließlich gilt es, großes sprachliches Potential ebenso zu erschließen, wie die Möglichkeit, eigene Denk- und Ausdrucksprozesse bei den Lernenden. Hierdurch wird die wichtigste Kompetenz von allen gefördert: selbstbestimmtes, kritisches Denken.
Table of Content
Sprachsensibler Geschichtsunterricht
Thomas Martin Buck
Geschichte und Sprache. Vom Sach- zum Sprachfach
Kerstin Lochon-Wagner
Praxis der Geschichtslehrerausbildung als Grundlage für den sprachsensiblen Geschichtsunterricht
Katharina Grannemann, Christian Kuchler
(Die) Sprache als Maß aller Dinge.
Perspektiven für einen sprachsensiblen Geschichtsunterricht
Nicole Stein
Historisches Denken und Sprache:
Integration und Empowerment durch einen sprachbewussten Geschichtsunterricht
Impulse für den Geschichtsunterricht
Sebastian Barsch
Wem gehört die Erinnerung?
Historisches Lernen in Zeiten der Digitalität
Geschichte vor Ort – außerschulische Lernorte
Museum Falkensee als außerschulischer Lernort
VGD – Berichte aus dem Bundesverband und den Landesverbänden
Buchbesprechungen
Leitrezensionen
Populismus – notwendiges Korrektiv oder stete Bedrohung der Demokratie? (von Uwe Walter)
Ordnung durch massive Gewalt behaupten? Eine neue Geschichte der deutschen Revolution 1918/19 (von Klaus Weinhauer)
About the author
Prof. Dr. Thomas Martin Buck
Professur für Geschichte und ihre Didaktik an der Pädagogischen Hochschule Freiburg, Institut für Sozialwissenschaften
Katharina Grannemann, M.A.
Projektkoordination ‘Sprachsensibles Unterrichten fördern’ an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Institut für Soziologie
Prof. Dr. Christian Kuchler
leitet seit dem Sommersemester 2012 den Lehr- und Forschungsbereich der Didaktik der Gesellschaftswissenschaften an der RWTH Aachen. Nach langjähriger Tätigkeit an verschiedenen Schulen unterrichtete er an der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie an der Universität Regensburg. Seit 2015 Vorstandsvorsitzender des Lehrerbildungszentrums an der RWTH Aachen.
Kerstin Lochon-Wagner
Studiendirektorin, Fachleiterin für Geschichte und bilinguale Geschichte am Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung (Zfsl) Bochum
Nicole Stein
Mitarbeiterin des Landesinstituts für Schulentwicklung, 70191 Stuttgart, Referat 32