Eine zeitgemäße Sozialforschung sollte prozessual angelegt sein, argumentiert der US-amerikanische Soziologe Andrew Abbott. Damit vertritt er einen radikal anderen Blickwinkel auf die soziale Welt als in den Sozialwissenschaften üblich. Nicht die Stabilität gesellschaftlicher Verhältnisse ist der Normalfall, sondern ihr Wandel. Nicht die kontinuierliche Veränderung sozialer Strukturen und kultureller Deutungen ist erklärungsbedürftig, sondern ihre Konstanz. Nicht die Modellierung sozialer Vorgänge mit Variablen wie Bildungsniveau, Haushaltseinkommen oder soziale Herkunft ist die angemessene Methode ihrer Analyse, sondern die Narration ihrer prozesshaften Entfaltungen, Wendungen und Abbrüche. Andrew Abbott geht es darum, die Temporalität des Sozialen als zentralen Aspekt sozialwissenschaftlicher Methodologie und soziologischer Theoriebildung zu verankern.
Mit dem Band ’Zeit zählt’ liegen erstmals ausgewählte Aufsätze von Abbott gebündelt in deutscher Übersetzung vor. Sie eröffnen den Zugang zu einem Autor, der in den USA und in Frankreich längst zu den prominentesten Sozialwissenschaftlern der Gegenwart gehört und der nicht nur gegen den Strich, sondern auch gegen sich selbst denkt.
Innehållsförteckning
THOMAS HOEBEL | WOLFGANG KNÖBL | AARON SAHR
Reputation und Randständigkeit
Andrew Abbott und die Suche nach
der prozessualen Soziologie
ANDREW ABBOTT
1 Die Historizität von Individuen
2 Über die allgemeine lineare Realität hinausgehen
Drei alternative Ontologien
3 Was machen Fälle eigentlich?
4 Zum Begriff des Wendepunkts
5 Lyrische Soziologie
Für ein emotionales Erfassen sozialer Momente
6 Soziale Ordnung und sozialer Prozess
Epilog Für eine humanistische Soziologie
Bibliografie
Zum Autor
Om författaren
Andrew Abbott ist Gustavus F. and Ann M. Swift Distinguished Service Professor im Department of Sociology an der University of Chicago.