Für die Steuerung politischer Strafprozesse war in der DDR außer der Staatssicherheit auch die Staatsanwaltschaft verantwortlich. Staatsanwälte sicherten die Ermittlungsergebnisse der Mf S-Untersuchungsabteilungen im Zuge der Anklageerhebung formal-juristisch ab. Ihrer gesetzlichen Rolle als »Hüterin des Rechts« kam die Staatsanwaltschaft in diesen Verfahren allerdings nur mit deutlichen Abstrichen nach.
Die vorliegende Untersuchung zeigt anhand neuer Fall- und Aktenanalysen, dass das Mit- und Nebeneinander beider Institutionen über die Jahre variierte und dass die gesetzliche Rolle der Staatsanwaltschaft zu einer verstärkten formalen Rechtsförmigkeit in Mf S-Verfahren beigetragen hat. Insbesondere detaillierte Textvergleiche zwischen Mf S-Ermittlungsberichten und Anklageschriften machen die politische Strafjustiz als äußerlich regelorientiertes, im Mf S geheimpolizeilich, politisch und rechtlich vorselektiertes sowie von Staatsanwälten juristisch und rechtsideologisch nachpräpariertes machtpolitisches Sanktionsinstrument der SED-Herrschaft deutlich.
Om författaren
Dr. Sebastian Richter war Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich des Stasi-Unterlagen-Archiv. Er leitet die Außenstelle des Stasi-Unterlagen-Archivs in Frankfurt (Oder).