Das Leben zwangsmigrierter Jugendlicher ist durch extreme Belastungen gekennzeichnet, die von den erlebten Kriegserfahrungen bis zur gestörten familiären Interaktion im Exil reichen. Diese Erfahrungs- und Erlebenswelten der Jugendlichen unterzieht der Autor anhand zahlreicher Fallbeispiele einer genauen Analyse.
Es zeigt sich, dass der verantwortungsvolle Umgang mit der Traumatisierung dieser jungen Menschen für die pädagogische Arbeit eine besondere Herausforderung darstellt, für die bislang kaum Konzepte vorliegen. Indem der Autor auf die Erkenntnisse der Traumaforschung, insbesondere die Konzeption der sequenziellen Traumatisierung zurückgreift, entwickelt er einen innovativen, pädagogisch sinnvollen Verstehenszugang. Daraus leitet er konkrete Handlungsoptionen sowohl für den schulischen als auch für den außerschulischen Bereich ab.
Innehållsförteckning
Inhalt
Teil I: Theoretische Darstellung
1. Einleitung: Zwangsmigration, Trauma und Pädagogik
1.1 Zwangsmigration als traumatischer Prozess. Erste Annäherungen
1.2 Die Notwendigkeit der pädagogischen Perspektiverweiterung
1.3 Zur vorliegenden Arbeit
2. Theoretische Grundlagen: Migration und Trauma
2.1 Migration
2.1.1 Formen und aufenthaltsrechtliche Aspekte
2.1.2 Psychologische Aspekte der Migration
2.1.2.1 Freiwilligkeit versus Zwang – Trauerarbeit versus Entwurzelung
2.1.2.2 Identitätsarbeit
2.1.3 Soziologische Aspekte der Migration
2.1.3.1 Migration in der sozialen Theorie des Selbst
2.1.3.2 Migration und der Dualismus aus »Freunden« und »Feinden«
2.2 Trauma
2.2.1 Der psychiatrische Zugang
2.2.2 Der psychoanalytische Zugang
2.2.2.1 Bedingungen und psychische Reaktionsformen
2.2.2.2 Die Varietät des Traumabegriffs in der Psychoanalyse
2.2.3 Sequenzielle Traumatisierung
2.2.3.1 Der Ursprung: Drei Sequenzen der Verfolgung jüdischer Kinder
2.2.3.2 Die Erweiterung: Sechs Sequenzen und variabler Anwendungsbereich
3. Zwangsmigration und Sequenzielle Traumatisierung in der Adoleszenz
3.1 Einführende Aspekte
3.2 Der Beginn traumatischen Erlebens: Gewalt, Krieg und Flucht
3.3 Ein Neuanfang in Unsicherheit? Zum traumatischen Potenzial des Aufenthaltsrechts
3.4 Massive Beeinträchtigungen in allen Sequenzen: Zur familiären Situation
3.4.1 Trennung und Verlust von primären Bezugspersonen
3.4.2 Interaktionsstörung und Rollendiffusion
3.4.3 Transgenerationale Aspekte von Traumatisierung bei Zwangsmigration
3.4.4 Allein mit den Belastungen: minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge
3.5 Schulische Situation zwangsmigrierter Kinder und Jugendlicher
3.5.1 Politische Rahmenbedingungen
3.5.2 Zwangsmigration und Störung – institutions- und individuumszentrierte Erklärungsmuster
3.5.3 Zwangsmigration und Lernen
3.5.4 Zwangsmigration, Erleben und Verhalten
Teil II: Qualitative Untersuchung
4. Das Forschungsdesign: ein tiefenhermeneutisch-qualitativer Zugang
4.1 Lebensgeschichtliche Konflikte als Thema der Forschun
4.2 Das Szenische Verstehen
4.2.1 Szenisches Verstehen als ganzheitliches Verstehen
4.2.2 Der klassisch-therapeutische Zugang: das Primat der Gegenübertragung
4.2.3 Der pädagogische Zugang: die Interaktion dreier Informationsebenen
4.3 Das themenzentrierte Interview
4.3.1 Auswahl des Untersuchungsinstruments
4.3.2 Der Prozess der Erhebung
4.3.3 Fragestellungen
4.3.4 Der Prozess der Auswertung
4.3.5 Gütekriterien
4.4 Grundgesamtheit und Auswahl
4.4.1 Zur Definition der Grundgesamtheit
4.4.2 Zusammensetzung der Gruppe und Auswahlprozess
4.5 Spezifische Merkmale der untersuchten Gruppe
4.5.1 Ursprungsländer
4.5.2 Psychosoziale Situation der Auswahl im Vergleich zur Grundgesamtheit
5. Einzelfalldarstellungen
5.1 Ceylan
5.1.1 Biografischer Abriss
5.1.2 Zum Interview
5.1.3 Zentrale Bereiche subjektiven Erlebens
5.1.3.1 Duldung: Angst, Wut und Scham
5.1.3.2 Die traumatisierte familiäre Interaktion
5.1.3.3 Schule: Leistung, Autonomie und Verlassenheit
5.1.4 Abschließende Überlegungen
5.2 Farid
5.2.1 Biografischer Abriss
5.2.2 Zum Interview
5.2.3 Zentrale Bereiche subjektiven Erlebens
2.3.1 Die notwendige Abwehr gegenüber traumatischen Fluchterfahrungen
5.2.3.2 Bedrohliche primäre Objekte und aktuelle Fremdheit
5.2.3.3 Abhängigkeit und Ohnmacht. Die nicht vorhandene Zukunft
5.2.3.4 (Gewollte) Beziehungslosigkeit und die Verhinderung größerer Lernerfolge in der Schule
5.2.4 Abschließende Überlegungen
5.3 Ibrahim
5.3.1 Biografischer Abriss
5.3.2 Zum Interview
5.3.3 Zentrale Bereiche subjektiven Erlebens
5.3.3.1 Die reale oder fantasierte Fluchtgeschichte
5.3.3.2 Die Bedeutung des Hasses und der Gewalt
5.3.3.3 Schulbildung und die Rolle des haltenden Lehrers
5.3.3.4 Der übergroße Wunsch nach Assimilation und die Fremdheit
5.3.4 Abschließende Überlegungen
5.4 Julia
5.4.1 Biografischer Abriss
5.4.2 Zum Interview
5.4.3 Zentrale Bereiche subjektiven Erlebens
5.4.3.1 Die positive Ausstrahlung als Resilienzfaktor und Sicherung des Überlebens
5.4.3.2 Der Mangel an selbstverständlicher, »unverdienter« Liebe und der Verlust der Eltern
5.4.3.3 Die Gefährdung des Ichs in Zusammenhang mit der drohenden Abschiebung
5.4.3.4 Schule: Stützung und Abgrenzung
5.4.4 Abschließende Überlegungen
5.5 Linh
5.5.1 Biografischer Abriss
5.5.2 Zum Interview
5.5.3 Zentrale Bereiche subjektiven Erlebens
5.5.3.1 »Es kann jederzeit vorbei sein«
5.5.3.2 Abhängigkeit und gefährliche Fantasie
5.5.3.3 Die Suche nach dem (symbolischen) Vater und die Rolle der Lehrer
5.5.3.4 Verlassensein, Spaltungen und Projektionen: Bruder und Mitschüler
5.5.4 Abschließende Überlegungen
5.6 Walid
5.6.1 Biografischer Abriss
5.6.2 Zum Interview
5.6.3 Zentrale Bereiche subjektiven Erlebens
5.6.3.1 Der familiäre Leistungsdruck, die regressive Beziehung und das Scheitern
5.6.3.2 Der verschlossene Zugang zur inneren Welt und die Schonung der Eltern
5.6.3.3 Schule: Übernahme familiärer Erwartungen und oberflächliche Beziehungen
5.6.4 Abschließende Überlegungen
6. Zwölf subjektive Realitäten mit wesentlichen Gemeinsamkeiten
6.1 Individuelles Fallverstehen und intersubjektive Bedeutsamkeiten
6.2 Der (schulische) Leistungsgedanke vor dem Hintergrund der Fluchtgeschichte
6.2.1 Leistung und aktuelle Lebensrealität
6.2.2 Leistung und (familiäre) Vergangenheit
6.3 »Was ich erlebt habe, kann sowieso niemand verstehen«. Von der subjektiven Fremdheit in relevanten Beziehungen
6.4 Fehlende Zukunftsperspektiven
6.5 Die ambivalenten Bindungen zu den Eltern
Teil III: Pädagogische Konsequenzen und Ausblick
7. Pädagogische Arbeit mit zwangsmigrierten, traumatisierten Jugendlichen
7.1 Zur Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels
7.2 Pädagogisches Verstehen und Handeln vor dem Hintergrund sequenzieller Traumatisierung
7.2.1 Lebensgeschichtliches Verstehen in der Schule
7.2.2 Beziehungsarbeit und Fördernder Dialog mit (zwangs-)migrierten Jugendlichen
7.2.2.1 Beziehung als traumapädagogische Herausforderung
7.2.2.2 Halten und Zumuten bei Zwangsmigration und Traumatisierung
7.3 Zur Professionalisierung von Lehrerinnen und Lehrern sowie zur Institutionsentwicklung
7.3.1 Pädagogische und fachliche Kompetenz
7.3.2 Reflexion und Supervision
8. Zusammenfassung und Ausblick
9. Literaturverzeichnis