Die Vorstellungswelten bilden einen eminent wichtigen Bestandteil historischer Forschung, weil bei kaum einem anderen Gegenstand die Menschen selbst so deutlich in den Mittelpunkt des Interesses treten wie bei menschlichen Vorstellungen, mit denen die Menschen sich selbst und ihre Umwelt wahrnehmen und sie zu erklären und zu begreifen suchen. Das Denken der Menschen ist Grundlage ihres Handelns und bildet daher einen entscheidenden Faktor aller historischen Vorgänge. Im Zuge einer sich immer stärker abzeichnenden kulturwissenschaftlichen und anthropologischen Betrachtungsweise heutiger Geisteswissenschaften dürfte das Thema in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen. Mit den religiösen Vorstellungswelten des Mittelalters aber erfassen wir den zentralen Aspekt dieser Epoche schlechthin. Ziel des Autors ist es, einen repräsentativen und zugleich informativen und anschaulichen Einblick in die geistig-religiöse Befindlichkeit der (schreibenden) mittelalterlichen Menschen aus geschichtswissenschaftlicher Perspektive zu bieten, als ein erstes Ergebnis, an das die künftige Forschung anknüpfen oder mit dem sie sich auseinandersetzen kann. Unter dem Titel „Gott und die Welt“ ist dabei auf die Bedeutung religiöser Vorstellungen im Mittelalter, vor allem aber auf deren zentralen Ausgangspunkt mittelalterlicher Religiosität verwiesen: den Schöpfer und seine Schöpfung. Im ersten, nun vorliegenden Teilband des Werkes behandelt der Autor das mittelalterliche Gottesbild, einen Aspekt mittelalterlicher Vorstellungswelten, der hier erstmals in dieser Ausführlichkeit aufgearbeitet wird. Erkenntnisprobleme, Diskussionen um Gottes Wirken als Schöpfer, Lenker und Richter kommen dabei ebenso ausführlich zur Sprache wie Diskurse um das göttliche Wesen, das Trinitätsproblem, Gottesbeweise und bildliche Gottesdarstellungen. Der in Kürze folgende zweite Teilband wird über die materielle und personelle Schöpfung, also über den Kosmos (Natur und Kosmos, Himmel, Paradies, Hölle und Erde) und die Geschöpfe (Engel, Teufel, Menschen) sowie das Heilsgeschehen, handeln. Den Abschluß des Werkes wird ein Band über einzelne konkrete Aspekte religiöser Vorstellungen, wie Buße und Sünde, Heilige und Wunder, Tod und Jenseits, bilden.
Om författaren
Professur für Mittelalterliche Geschichte an der Universität Hamburg. Forschungsschwerpunkte: Geschichte des frühen und hohen Mittelalters, insbesondere: – Vorstellungswelten und Mentalitäten, Begriffsgeschichte und mittelalterliche Wahrnehmung – Studien zum mittelalterlichen Geschichtsdenken (Geschichtsbegriff, Geschichtsbild, Geschichtsbewußtsein, Zeitbewußtsein, Geschichtsschreibung als ’Gattung’) – Fragen der Verfassungs- und Sozialgeschichte (Herzogtümer und Stämme, Gottesfriedensbewegung, Staat und Herrschaft., Frühmittelalterliche Grundherrschaft, Familie und Lebensformen) – Studien zur Alltagsgeschichte des frühen und hohen Mittelalters – Studien zur Frauen- und Geschlechtergeschichte des frühen Mittelalters – Studien zur historischen Aussagekraft frühmittelalterlicher Personennamen – Reflexionen zum Stand und zur Aktualität der heutigen Mediävistik – Wahrnehmung anderer Religionen im christlichen Mittelalter.