Wir Menschen steuern sowohl nach innen als auch nach außen: nach außen, weil es viel zu tun gibt, damit wir für den Alltag zurechtkommen; und nach innen: wo der Alltag auch einmal zu sich selbst finden darf, auftankt, Inspirationen sucht und Gefühle findet. Nach innen geht es um den abgeschirmten Zustand des Privaten, in welchem man treiben darf, was andere nicht angehen sollte. Schon in den Frühzeiten höherer Kulturen gab es dafür die geschlossene Tür, die das Ende der Zudringlichkeit sein sollte, wie sie jedes öffentlich gewordene Leben durch Forderungen, Recherchen, sogenannte allgemeine Interessen ständig alimentiert. Jede Epoche hat ihre eigenen Vorstellungen von Privatheit: das Medium ist die Botschaft. So oft oder so stark sich Menschen auch gegen Apparaturen des Fortschritts (den sie gleichzeitig an anderer Stelle immer mehr beschleunigen wollten) gestellt haben mögen, so wenig hat dies genutzt oder geändert. Für den digitalen Alltag sieht es so aus, dass wir den Äther mit einer ungeheuren Fülle an oft überflüssigen Daten verschmutzen, von den wir häufig und berechtigt hoffen, dass sie in den Communities ein Echo finden, das den Multiplikator ins Hunderttausendfache spielt. Über die Welt wurde ein fein gewobenes Netz geworfen, aus dem fast alles herausgefischt werden kann, was auf der Welt passiert. Kaum einer fragt sich, wie oft oder wie dicht er an und in diesen Netzen hängt, die nun die Welt und alles Drumherum bedeuten. Die Auflösung der Privatsphäre nimmt auch dort zu, wo wir es lange weder wissen noch sehen. Das Vielfachleben schleust multiplizierte Identitäten durch alle möglichen Kanäle.
Om författaren
Diplomkaufmann Jörg Becker, Friedrichsdorf, hat Führungspositionen in der amerikanischen IT-Wirtschaft, bei internationalen Consultingfirmen und im Marketingmanagement bekleidet und ist Inhaber eines Denkstudio für strategisches Wissensmanagement. Grundsätzlich geht es darum, ein Gespür für das richtige Maß zwischen digital und analog, flexibel und stabil zu entwickeln. Viele wirtschaftliche Sachverhalte müssen in einen sinnvollen Takt gebracht werden (ansonsten landet man leicht in einem digitalen Irrgarten). Mit akademischer Abkapselung haben viele Ökonomen es bisher versäumt, im Wettbewerb um die besseren Geschichten mitzubieten, d.h. wirtschaftliche Sach- und Fachthemen möglichst in erzählerischer Weise und auf (Tages-) Aktualität bezugnehmend aufzubereiten. Manchmal braucht man eben eine Geschichte, um Zusammenhänge plastisch zu beschreiben. Das Erzählen selbst hat eine ganz praktische Konsequenz: wenn nämlich die Welt und auch die Wirtschaft erzählbar sind, wenn komplizierte Sachverhalte so dargestellt werden können, dass man sie nachvollziehen kann, dann wird dadurch Welt und damit Wirtschaft besser verstehbar. D.h. eine erzählbare Welt wird zu einer verstehbaren Welt. Und eine verstehbare Welt ist gleichzeitig auch eine gestaltbare und damit veränderbare Welt. Viele wirtschaftliche Sachverhalte werden erst durch das Erzählen präsent.