Die unterschiedlichen Erzählformen der Idylle in der Literatur des deutschsprachigen Realismus stehen im Mittelpunkt dieses Bandes. Spätestens seit Jean Paul hat sich die Idylle aus ihren arkadischen Szenerien herausgelöst und ist in alle Winkel der erzählten Welt eingewandert: heimliche Plätze in Gärten und Wäldern, die Familie, das Haus, Spaziergänge und Küchenherde. Indem die idyllischen Szenerien die Vorstellung eines geschützten und abgeschlossenen Erzählraums zum Ausdruck bringen, werden sie gleichzeitig in ihrer Funktion als Gegenbilder gegenüber den Erfahrungen einer sich entfremdenden, modernen Lebenswelt sichtbar. Sie lassen sich somit vor allem auch als Indiz einer bedrohlich prekären Gegenwart lesen. Die Beiträge loten dabei stets die Frage aus, ob die jeweiligen Texte in eine abwehrende Geste der Verklärung flüchten oder ob sie sich die kritisch-reflexiven Potentiale der Idyllenform zunutze machen.
Innehållsförteckning
Sabine Schneider: Einleitung.- Helmut J. Schneider: Ordnung der Kunst und Ordnung der Häuslichkeit. Arkadische Topik, Idylle und das deutsche bürgerliche Epos des 19. Jahrhunderts.- Heinz Brüggemann: Arkadische Speisenfolgen – Das Idyllische als Spiel- und Denkmaterial in Ludwig Tieck:
Des Lebens Überfluß (1838).- Christian Schmitt: Privatgespräche. Ludwig Tiecks
Des Lebens Überfluß und die Grenzen kommunikativer Idyllik.- Klaus Müller-Wille: Idylle als Wiederholung – Hans Christian Andersens
Hyldemoer (1845) und
Nabofamilierne (1847).- Franziska Frei Gerlach: Jeremias Gotthelf auf der Spur der Jean-Paul’schen Doppelschreibweise:
Erdbeeri-Idylle gegen
Zeitgeist-Satire.- Davide Giuriato: Kindheit und Idylle im 19. Jahrhundert (E.T.A. Hoffmann, A. Stifter).- Jana Schuster:
Eros und Kultur. Generische Muster und Zeitordnungen in Stifters
Hochwald.- Jakob Christoph Heller: „Ein Verhältnis zum Ganzen“. Verfahren der Idyllisierung in Gottfried Kellers
Der grüne Heinrich (Erste Fassung).- Philipp Theisohn: Erdbeeren. Ökonomie und Mediologie der Idylle in Voß’
Luise (1795) und Storms
Immensee (1849) .- Georges Felten: Summen, Wühlen. Bienen und Idyllik in Theodor Storms
Immensee.- Christoph Gardian: „Tod im Leben“. Wilhelm Raabes
Else von der Tanne oder die Unmöglichkeit und Notwendigkeit der Idylle.- Marie Drath: Idylle und Mobilmachung. Zum Zusammenhang von Krieg, Komödie und nationaler Identität in Wilhelm Raabes Text
Kloster Lugau.-
Cornelia Pierstorff: Inversion und Inkorporation. Zur körperlichen Organisation von Wilhelm Raabes
Stopfkuchen
Om författaren
Sabine Schneider ist Professorin für Neuere deutsche Literatur an der Universität Zürich.
Marie Drath ist Wissenschaftliche Assistentin für Neuere deutsche Literatur an der Universität Zürich.