Im ersten Jahrzehnt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zeugten alliierte Soldaten mit deutschen Frauen 400 000 Besatzungskinder. Zeit ihres Lebens trugen diese ein doppeltes Stigma: Sie waren unehelich geboren und entstammten einer Beziehung mit dem »Feind«. Ihr soziales Umfeld grenzte sie aus, verhöhnte sie als »Russenbälger«, »Amikinder« oder als »Negerbrut«, misshandelte sie psychisch und physisch.
»Bankerte!« zeichnet die lange tabuisierte, bewegende Geschichte dieser Menschen nach. Anhand vieler schriftlicher und mündlicher Quellen werden, gleichsam in einer kollektiven Biografie, die wichtigen Stationen ihres Lebens beleuchtet: Geburt, Einschulung, Berufsausbildung, Partnerwahl. So entsteht durch die Rekonstruktion der Probleme und Chancen dieser »Fremden« ein facettenreiches Panorama der beiden deutschen Nachkriegsgesellschaften. Dabei zeigt sich, dass die Besatzungskinder nicht nur drangsalierte und diskriminierte Opfer blieben – sie wurden den nationalsozialistisch geprägten Deutschen auch zu wesentlichen Vermittlern neuer, weltläufiger und liberaler Wertewelten.
Innehållsförteckning
Inhalt
1. Die »Kinder des Feindes« – eine Einführung 9
Erika und Jewgenij: eine Liebe in Weimar 9
1.1 Besatzungskinder: Seismographen und Katalysatoren 13
1.2 Wege der Forschung: Spuren und Sondierungen 16
Jewgenij kehrt in die Sowjetunion zurück 21
2. Alliierte und Deutsche treffen aufeinander 23
2.1 Russen und Deutsche 25
2.2 Franzosen und Deutsche 31
2.3 Amerikaner, Briten und Deutsche 38
3. Besatzungskinder werden abgetrieben 47
3.1 Übergesetzlicher Notstand? 47
3.2 Praktiken und Dilemmata im Ausnahmezustand 49
3.3 Legalisierung in den Ländern 68
4. Besatzungskinder kommen zur Welt 80
4.1 Verbot der Fraternisierung 80
4.2 Alltag der Fraternisierung 85
4.3 Heiratspolitik der Besatzer 109
5.Väter entziehen sich ihrer Verantwortung 118
5.1 Recht und Gesetzlosigkeit im Westen 118
5.2 Kinder ohne Sonderrechte im Osten 184
5.3 Perestroika? Im Westen wie im Osten nichts Neues 188
5.4 Späte Wiedergutmachungen 212
6. Ankommen in der Gesellschaft 227
6.1 »Ich möcht’ so gern nach Hause gehen«. Der Kinofilm Toxi und die unschuldigen Kinder der Schuld 227
6.2 Neue Aufbrüche. Debatten um Schuld und Sühne in den frühen fünfziger Jahren 240
6.3 Wege in die Schule – Wege in die Gesellschaft 258
6.3 Die Kinder der »Befreier« im Osten 311
6.4 Bilanzen und Aufbruch in eine neue Zeit 325
7. Die Besatzungskinder in den beiden deutschen Nachkriegsgesellschaften 329
7.1 Mittler und Medien 329
7.2 Die Suche nach den Vätern 346
Verzeichnis der Archive 367
Literatur 369
Anmerkungen 385
Om författaren
Silke Satjukow ist Inhaberin des Lehrstuhls für die Geschichte der Neuzeit an der Universität Magdeburg. Rainer Gries lehrt und forscht an
der Sigmund Freud Privatuniversität Wien/Berlin/Paris und an der Universität Wien (Inhaber des Franz Vranitzky Chair for European Studies).