Das aktuelle Theater ist zu einem Ort für Flüchtlinge geworden, der neben ihren Anliegen auch diese selbst auftreten lässt. Lebens- und Fluchtgeschichten werden nicht mehr ausschließlich den Behörden vorgetragen, sie appellieren auch an die Urteilsfähigkeit der Öffentlichkeit. Der vorliegende Band möchte auf die politische Funktion des Theaters in der Flüchtlingskrise hinweisen und zugleich die historischen Verbindungen zwischen Bühne und Asyl aufzeigen. Arbeiten wie Elfriede Jelineks ‘Die Schutzbefohlenen’ erinnern daran, dass das Theater bereits in der athenischen Polis als ein Ankunftsraum für Fliehende angelegt war. Das theatrale Geschehen wie die dramatische Handlung kann mit einer Asylverhandlung, die tragische Entscheidung mit der Frage von Fliehen oder Bleiben in Zusammenhang gebracht werden. Die hier versammelten Beiträge wollen dieses Fundament der europäischen Theatergeschichte sichtbar machen: Die Bühne wird selbst zum temporären Zwischenraum für die fliehend Ankommenden, der sich immer wieder neu und anders konstituiert.
สารบัญ
Das Theater als transitorischer Raum. Einleitende Bemerkungen zum Verhältnis von Flucht und Szene von Bettine Menke und Juliane Vogel / Seite 7
I. Flucht und Szene in der antiken Tragödie
Asyl als Übergang. Transiträume in der griechischen Tragödie
von Susanne Gödde / Seite 26
Die Schutzflehenden des Aischylos und das Asyl im klassischen Athen
von Winfried Schmitz / Seite 49
Flucht und Fürsprache in Aischylos’ Orestie
von Rüdiger Campe / Seite 75
Davonkommen: Aus Troja und anderswo
von Christopher Wild / Seite 98
Entscheidung für das Asyl
von Hans-Thies Lehmann / Seite 118
II. Transformationen von Flucht und Szene
‘And here remain with your uncertainty’. Paradoxien des Raumes in Shakespeares Hikesie-Tragödie Coriolanus von Christina Wald / Seite 140
‘How came that widow in?’ Entzogene Fluchtgeschichten auf der Bühne
von Katrin Trüstedt / Seite 167
Fluchtauftritte. Goethes Theater des Asyls von Juliane Vogel / Seite 188
Agon und Theater. Fluchtwege, die Sch(n)eidung und die Szene – nach den aitiologischen Fiktionen F. C. Rangs und W. Benjamins
von Bettine Menke / Seite 203
Theater der Flucht – Theaterflucht. Brecht und die Krise der Menschenrechte
von Nikolaus Müller-Schöll / Seite 242
III. Zwischenräumlichkeit und Fluchtauftritt
Ankunft zu Vielen von Ulrike Haß / Seite 262
Gräser, Wolken, Wind. Die Szene der Flucht in den Empedokles-Filmen von Huillet und Straub von Jörn Etzold / Seite 281
Standbilder einer Flucht. Havarie und die dokumentarische Arbeit an einer Daseinsmetapher von Friedrich Balke / Seite 305
Szenen des Banopticons von Evelyn Annuß / Seite 328
Das Spiel mit den Grenzen. Flucht und die Hamburger Theaterszene zwischen 2013 und 2016 von Ewelina Benbenek und Martin Jörg Schäfer / Seite 348
Abbildungsverzeichnis / Seite 375
Kurzbiographien / Seite 377
เกี่ยวกับผู้แต่ง
Bettine Menke, Professorin für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Erfurt. Fellowships am Ku Ko, Exzellenzcluster ‘Kulturelle Grundlagen von Integration’, Universität Konstanz, am IKKM, Weimar. Gastprofessur u. a. an UCSB, Santa Barbara. Schwerpunkte: Literatur- und Texttheorie, Dekonstruktion, Rhetorik, Gender, Medien und Kulturtechniken, Schrift und Theater, Sprach- und Schauspiele.
Publikationen u. a.: ‘Was das Theater möglich macht: Theater-Maschinen’, in: Adamowsky, Natascha/Gess, Nicola u. a. (Hrsg.): Archäologie der Spezialeffekte, 2018; ‘im auftreten/verschwinden – auf dem Schauplatz und anderswo’, in: Zeitschrift für Medien und Kulturforschung (2016); ‘Suspendierung des Auftritts’, ‘On/Off’, in: Vogel, Juliane/Wild, Christopher (Hrsg.): Auftreten. Wege auf die Bühne, 2014; Das Trauerspiel-Buch. Der Souverän – das Trauerspiel – Konstellationen – Ruinen, 2010; Tragödie. Trauerspiel. Spektakel, 2007 (hrsg. m. Christoph Menke).
Juliane Vogel, Professorin für Neuere Deutsche Literatur und Allgemeine Literaturwissenschaft mit Schwerpunkt 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart an der Universität Konstanz. Gastprofessuren an der LMU München, der Princeton University; der Johns Hopkins University und der University of Chicago. Schwerpunkte: Drama, Grundlagen und Grundbegriffe europäischer Dramaturgie, experimentelle Schreibweisen der Moderne, Literatur der Jahrhundertwende und österreichische Literatur (insb. Hugo v. Hofmannsthal und Adalbert Stifter).
Publikationen u. a.: Aus dem Grund. Auftrittsprotokolle zwischen Racine und Nietzsche, 2017; ‘Kommen und Gehen. Notizen zu einer Verkehrsformel der Bühne’, in: Bergmann, Franziska/Tonger-Erk, Lily: Ein starker Abgang. Inszenierungen des Abtretens in Drama und Theater, 2016. Auftreten. Wege auf die Bühne, 2014 (hrsg. m. Christopher Wild); Die Furie und das Gesetz. Zur Dramaturgie der ‘großen Szene’ in der Tragödie des 19. Jahrhunderts, 2002.