Die synchronische Grammatik des frühen 19. Jahrhunderts war für die Entwicklung der traditionellen Syntax von zentraler Bedeutung. In den im Umkreis des ‘Frankfurtischen Gelehrtenvereins für deutsche Sprache’ entstandenen Arbeiten wurde erstmals der Versuch unternommen, die Inhaltsseite syntaktischer Strukturen systematisch zu beschreiben. Diese Studie befaßt sich mit der 1830/32 erschienenen ‘Syntax der deutschen Sprache’ von Simon Heinrich Adolf Herling, der neben K.F. Becker als einer der wichtigsten Vertreter der synchronischen Grammatik in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gilt. Im Mittelpunkt steht Herlings Verfahren einer jeweils autonomen Analyse der ‘grammatischen’ und ‘logischen’ Strukturen, d.h. der Form- und Inhaltsseite syntaktischer Beziehungen. Zur Beschreibung der logisch-semantischen Relationen entwickelt Herling ein komplexes Kategorienmodell, in dem einige der Konzepte und Problemlösungen vorweggenommen werden, die erst in den satzsemantischen Ansätzen der letzten Jahre wieder neu diskutiert wurden.
Im Anschluß an einen umfassenden Forschungsüberblick erfolgt eine wissenschaftsgeschichtliche Einordnung von Herlings Konzeption vor dem Hintergrund der zeitgenössischen Sprachwissenschaft und der neueren grammatischen Forschung zur Kategorienproblematik. Das Organismusprinzip als philosophische Grundlage der rationellen Grammatik wird in seiner spezifischen Ausprägung bei Herling beschrieben. Der Hauptteil der Untersuchung wird durch eine Rekonstruktion von Herlings Verfahren der zweifachen (form- und inhaltsbezogenen) Kategorienanalyse eingeleitet. Es folgt eine systematische Erschließung seiner funktional-semantischen Klassifikation der Kategorien. Abschließend werden am Beispiel der Kategorien des einfachen Satzes drei thematische Schwerpunkte von Herlings Kategorienanalyse (Inkongruenzen zwischen Form und Inhalt, funktional-pragmatische Einflußfaktoren, interkategorielle Strukturäquivalenzen) diskutiert.