Wenn eine große Zahl von Menschen an einem Ort zusammenkommt, kann dies zufällig oder beiläufig geschehen wie in den Einkaufsstraßen der globalen Metropolen. Folgen solche Agglomerationen politischen Impulsen, dann kann man in Anlehnung an den Historiker Georges Lefebvre (1874–1959) bereits von einer Art ‘Versammlung’ (rassemblement) sprechen, die wenigstens basale Formen der Verfasstheit aufzuweisen pflegt.
Wie in Jenseits der Ordnung? anhand von Beispielen aus dem gesamten europäischen Raum erörtert wird, war dies in der Frühen Neuzeit kaum anders. Auf der einen Seite erfüllte die Menge zu dieser Zeit eine konstitutionelle Funktion, indem sie im Rahmen ritueller und zeremonieller Formen dazu beitrug, die normativen Grundlagen der Vergemeinschaftung immer wieder zur Anschauung zu bringen und damit auch performativ zu befestigen. Dem entsprach eine politische Epistemologie, die sich lange auf die Evidenz organologischer Körperbilder und Metaphern stützte. Auf der anderen Seite war die Frühe Neuzeit auch eine Epoche, die von zahllosen kollektiven Protesten geprägt war, durch die Konflikte und soziale Spannungen prozessiert wurden.
Orientiert an den Kategorien Gewalt, Verkörperungen und Steuerung bewegen sich die Beiträge des Bands in dem damit umrissenen Spannungsfeld. Konzeptuell schließt er einerseits an Debatten an, die sich in den letzten Jahren um die Relevanz von Schwärmen, Meuten oder Multitudes herum entfaltet haben. Andererseits geht es ihm darum, diese Debatten teils zu historisieren, teils mit historischer Tiefenschärfe auszustatten.
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Jan Marco Sawilla ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Exzellenzcluster ‘Kulturelle Grundlagen von Integration’ der Universität Konstanz. Er studierte Geschichtswissenschaft, deutsche Sprache und Literatur an den Universitäten Hamburg und Stirling. In seinen Publikationen hat er sich u a. mit historischer Semantik, der Geschichte der Hagiografie und des historischen Wissens in der Frühen Neuzeit auseinandergesetzt. Derzeit arbeitet er an einem Buchprojekt, das sich mit extremen Formen kriegerischer Gewalt zwischen den Französischen Religionskriegen und dem French and Indian War befasst.
Rudolf Schlögl (Prof. Dr.) ist Ordinarius der Neueren Geschichte an der Universität Konstanz. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte betreffen die Entwicklung und Säkularisierung der vormodernen Wissens- und Weltdeutungssysteme, die Kommunikations- und Mediengeschichte sowie die sozialen Semantiken und Anthropologien der Frühen Neuzeit. Derzeit arbeitet er an einer Monografie, die sich mit einer neuen Form der Gesellschaftsgeschichte der Frühen Neuzeit befasst.
Jan Behnstedt-Renn hat Geschichte, Kunst- und Medienwissenschaft und Soziologie an der Universität Konstanz studiert. In seiner Promotion hat er sich mit der Kriegsfinanzierung der Habsburger Monarchie während des Siebenjährigen Krieges in medienhistorischer Perspektive beschäftigt. Er arbeitet als Lecturer für Medien und Geschichte an der Universität Konstanz und als Projektleiter, Kurator und Kulturschaffender im Bereich der Geschichtsvermittlung in unterschiedlichen Medien.