Immer öfter werden wir durch Medien Teil einer Solidargemeinschaft, die aus der Distanz Ereignisse verfolgt: Weltmeisterschaften und große Hochzeiten, aber auch Tragödien und Katastrophen. Vor allem Berichte von Naturkatastrophen fordern unsere emotionale Teilhabe heraus. Sie bedienen unsere Schaulust – vor allem aber ‘managen’ sie die gesellschaftliche Bewältigung der Krise, indem sie ferne Zuschauer an einem Ritual der Reintegration beteiligen und zu solidarischem Handeln motivieren. Tobias Scholz vergleicht die Bilder des Erdbebens von Lissabon 1755 mit zeitgenössischen Bildernarrationen von Katastrophen im Hinblick auf ihre sozialintegrative Funktion und erzählt auf diese Weise eine Mediengeschichte des modernen Mitleids.
Table of Content
Inhalt
Einleitung9
1 Die bildliche Katastrophenerzählung als Re-Integrationsritual21
1.1 Das Medienritual der Re-Integration24
1.2 Die bildliche Katastrophenerzählung des Tsunami 2004 und des Erdbebens von Lissabon 175531
1.3 Erschöpftes Mitleidsvermögen?55
1.4 Fragestellung und Plan der Studie70
2 Distanziertes Mitleid und modernes Zuschauen73
2.1 Antikes und christlich-neuzeitliches Mitleid76
2.2 Distanziertes Mitleid im 18. Jahrhundert86
2.3 Das Sehen vor neuen Aufgaben – Zuschauen im 18. Jahrhundert107
2.4 Diderots ›vierte Wand‹ und der aktiv abwesende Betrachter127
3 Soziale Integration und kontingente Rituale141
3.1 Die Disziplinierung des Sehens und der Gefühle143
3.2 Distanzverhältnisse, Differenzierung und Entbettung156
3.3 Theoretische Deutungen moderner Differenzierung und Integration162
3.4 Aufführungen des Sozialen und das Kontingentwerden von Ritualen189
4 Soziales Bildverstehen197
4.1 ›Sehen und Gesehenwerden‹ – Intersubjektivitätstheoretische Grundlagen einer Theorie des Bildverstehens201
4.2 Wahrnehmungspsychologische Grundlagen einer Theorie des Bildverstehens235
4.3 Handeln in doppelter Kontingenz – Handlungstheoretische Grundlagen einer Theorie des Bildverstehens265
4.4 Soziales Bildverstehen290
5 Ausblick – Medienrituale, episodische Solidarität und Spenden305
Literatur321
About the author
Tobias Scholz, Dr. phil., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Soziologie des John-F.-Kennedy-Instituts für Nordamerikastudien der FU Berlin.