Mit der Herausbildung eines unabhängigen Staates in Brasilien hatte sich seit Beginn des 19. Jahrhunderts hier auch die ‚Zivilisation‘ als Grundbegriff der politisch-sozialen Sprache etabliert. Die ‚Zivilisation‘ durchlief dabei eine rasche und steile Karriere, die sie zum verbindlichen Deutungsmittel sowohl der vergangenen wie der zukünftigen Entwicklung des Landes werden ließ. Die Arbeit geht den Ursprüngen und der Reichweite des Begriffes nach – insbesondere in Bezug auf Vorstellungen von der indigenen Bevölkerung, der Sklaven sowie der Einwanderer.
Diese erste begriffsgeschichtliche Monografie zum iberoamerikanischen Raum widerlegt dabei das gängige Verständnis von der lateinamerikanischen Geschichte nach der Unabhängigkeit: weder ist die Aufnahme geistiger Einflüsse aus Europa als bloße Imitation in einer vermeintlich fremden Umgebung zu begreifen; noch war die Zeit eine Periode überwiegender Rückständigkeit. Vielmehr erweist sich mit den unter dem Begriff der ‚Zivilisation‘ erarbeiteten Entwicklungskonzepten auch Brasilien als Teil eines an die spezifischen Verhältnisse vor Ort angepassten, gesamtatlantischen Modernisierungsschubes mit weitreichenden Folgen.
Die Arbeit wurde mit dem Martin Behaim-Dissertationspreis der Gesellschaft für Überseegeschichte e. V. 2008 ausgezeichnet.