Ziel ethischer Diskussionen ist die Klärung moralischer Konflikte. Um zu vertretbaren Entscheidungen zu kommen, bedarf es vor allem einer begründeten Gewichtung der jeweils betroffenen Güter und Ansprüche. Verschiedene Konflikte erfordern je eigene Formen der Abwägung. Die Autoren widmen sich den vielfältigen Leistungen der abwägenden Vernunft in historischer und systematischer Perspektive: Im ersten Teil werden antike und mittelalterliche Quellen der Ethik untersucht. Der zweite Teil setzt sich mit neuzeitlichen Beiträgen, mit analytischen und wissenschaftstheoretischen Grundsatzfragen und mit aktuellen Konfliktfeldern auseinander. Schließlich widmen sich Beiträge der Religionswissenschaft und Religionsphilosophie.
İçerik tablosu
I. Abwägende Vernunft in der antiken und mittelalterlichen Ethik
D. Gill: Moralische Entscheidung in Homers Ilias; K. Jacobi: Klugheit als reflektierende Urteilskraft. Aristoteles’ Nikomachische Ethik und Platons Menon; U. Wolf: Eudaimonia und phrenesis. Eine Anmerkung zur Nikomachischen Ethik; N. v. Siemens: Philia in der Nikomachischen Ethik – eine Skizze; K. Vogt: Die frühe stoische Theorie des Werts; M. Erler: Epikureische Diesseitigkeit und christliche Auferstehung bei Augustinus und Lorenzo Valla; H.-J. Sieben: Patristische Annäherung an ‘abwägende Vernunft’. Sittliches Urteil bei Origenes und Augustinus; D. O’Meara: Praktische Weisheit bei Eustratius von Nikaia; R. Heinzmann: Remoto libero arbitrio ab homine actus iustitiae Dei removetur. Zur Anthropologie des Raimundus Lullus; L. Honnefelder: Wille oder Vernunft? Ethische Rationalität bei Johannes Duns Scotus; K. Kremer: Das natürliche Gesetz (lex naturalis ) in der Sicht des Thomas von Aquin und des Nikolaus von Kues
II. Abwägende Vernunft in der neuzeitlichen und gegenwärtigen Ethikdiskussion
N. Brieskorn: Abwägungen durch Legislative und Judikative in De legibus ac Deo Legislatore von Francisco Suárez; A. Trampota: Autonome Vernunft mit moralischer Sehkraft. Die Komplementarität von Allgemeinem und Besonderem bei Immanuel Kant; O. Sensen: Kants Begriff der Menschenwürde; J. Schmidt: Die Ambivalenz des Gewissens. Zu Hegels Fundierung der Moral in der Sittlichkeit; O. Muck: Reflexionen zum praktischen Hintergrund von Metaphysik. Hindernisse für das Verständnis des Bezugs von Wirklichkeit und Praxis, ens et bonum; F. Marty: Paul Ricoeurs Weg zur Frage der Handlung. Die Bezeugung; E. Runggaldier: Abwägende Vernunft im Kontext kausaler Handlungstheorien; L. B. Puntel: Der Wahrheitsbegriff in der Ethik. Versuch einer Klärung; J. Bremer: Wilfrid Sellars’ Analyse der moralischen Urteile; L. Siep: Vernunft und Tugend; J. Schuster: Gefühle und ethische Tugenden; A. W. Müller: Was wird gewogen? Über praktische Vernunft als System; Ch. Schröer: Gerechtigkeit als Abwägungsproblem; V. D. Casas: Ein dreifacher Vorrang in Bezug auf die Gerechtigkeit; F.-J. Bormann: Deontologische Ansprüche und die Grenzen der Abwägung in der Gerechtigkeitstheorie von John Rawls; H.-L. Ollig: Franz von Kutschera und das Problem der abwägenden Vernunft; Ph. Schmitz: Die sittliche Norm erschließt sich nur dem, der sensibel ist für die Gesamtheit der Wirklichkeit; M. Klopfer: Abwägende Vernunft als Thema der ethischen Bildung; E. Schäfer: Zum Rollenkonflikt des Personalmanagers in alltäglichen moralisch prekären Situationen; U. J. Niemann: Abgewogene nervenärztliche Handlungsmaximen? Das Prinzip bonum facere – nil nocere in der psychiatrischen Praxis; W. Vossenkuhl: Über vermeintlich aussichtslose Fälle. Gedanken zur Sterbepraxis
III. Abwägende Vernunft im Kontext von Religion
G. Haeffner: Die Rolle der Überlegung in der existenziellen Entscheidung. Ein philosophischer Blick auf die Wahlregeln des hl. Ignatius von Loyola; M. Forschner: Religion und Aufklärung. Oder vom Kanon des Glaubens und vom Kanon der Vernunft; A. Koritensky: ‘Die Form des erwachenden Geistes ist die Verehrung’. Rationalität im Religionskonzept Ludwig Wittgensteins; R. Wimmer: Theodizee? Grenzen theologischen Abwägens, Erklärens, Rechtfertigens; G. Siegwart: Gott und der gegenwärtige König von Frankreich. Über Kennzeichnungen in der Theologie; M. v. Brück: Nicht-dualistisches Denken und seine Konsequenzen für die Ethik im Advaita Vedànta und im christlichen Gottesbegriff; J. Laube: Zur Handlungstheorie des Mahayana-Buddhismus Ostasiens; R. Wielandt: Spielräume ethischer Entscheidungsfindung in der Sicht zeitgenössischer Islamisten; P. Neuner: Was heißt ‘Einheit der Kirche’ und was dient ihr?; R. Schaeffler: Zeugnisse fremder Erfahrung und die Unvertretbarkeit der eigenen Geschichte – Versuch, einen neutestamentlichen Text mit den Augen des Philosophen zu lesen
Yazar hakkında
Franz-Josef Bormann ist Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Systematische Theologie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Christian Schröer ist Professor für Philosophie an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg.