In der Auslegung der Werke Immanuel Kants nimmt Giovanni Salas ‘Kant und die Frage nach Gott’ (1990) einen herausragenden Stellenwert ein. Es gehört zu den international am häufigsten herangezogenen deutschen Kantbüchern. Ähnliches steht auch von seinem kürzlich erschienenen Kommentar zu ‘Kants Kritik der praktischen Vernunft’ (2004) zu erwarten. Auch auf kirchlichem Gebiet hat Sala viele Diskussionen befruchtet und stimuliert – vor allem durch Aufsätze, in denen er die rational-philosophischen Voraussetzungen katholischer Wahrheiten thematisiert hat.
Daher ist der 75. Geburtstages von Prof. Dr. Giovanni Sala SJ ein willkommener Anlass, sein Engagement als Lehrer und Forscher zu ehren und einige seiner wichtigsten Beiträge zur Philosophie Immanuel Kants (1724-1804) und Bernhard Lonergans (1904-1984) in einem Sammelband zusammenzustellen. Seit Jahrzehnten beschäftigt sich der Jubilar mit den Werken Kants und interpretiert sie – abseits vom philosophischen Mainstream – unter aristotelisch-thomistischen Vorgaben bzw. aus der Perspektive seines Lehrers Lonergan. Kants Transzendentalphilosophie als ‘Hinwendung zum Subjekt’ ist in der Auslegung Salas auf halbem Weg stehen geblieben, weil Kant eher auf die Objektkonstitution als auf eine Erhellung der Subjektivität zielt. Dagegen vermag es eine introspektive Analyse menschlichen Handelns und Wollens nach der Art Lonergans, eine solche ‘Hinwendung zum Subjekt’ zu leisten. Dabei wird die Rationalität des Menschen an ihrer Quelle freigelegt, die der christliche Glaube voraussetzt und vollendet.
Der Band wird mit einem Grußwort von Kardinal Joachim Meisner (Köln) eröffnet, der Sala als Grenzgänger zwischen Theologie und Philosophie ehrt und auch sein Engagement um einen sittliche einwandfreien Schutz ungeborener Kinder von Seiten der Kirche hervorhebt, der nicht nur aus christlicher Motivation, sondern auch aus dem philosophisch geprägten Bewusstsein von der Würde jedes einzelnen Menschen hervorgeht. In ihrer Einleitung stellen die Herausgeber Ulrich Lehner und Ronald Tacelli SJ den Jubilar als einen akademischen Lehrer vor, der es versteht, seine Schüler zu einem Dialog mit den großen Denkern der Geschichte heranzuführen. Dies ist aber nur möglich, weil Sala ein echtes Streben nach Wahrheit an die einzelnen Fragestellungen heranträgt und sich nicht mit einer historischen Analyse oder einer systematischen Darlegung zufrieden gibt. Er dringt vielmehr zum Kern der philosophischen Positionen vor und setzt sich mit diesen auseinander. Wie jede ehrliche Suche nach Wahrheit nur unter Anstrengung geschieht, so setzt auch die Lektüre der Schriften Salas eine solche voraus, um auf dem Weg der Wahrheitssuche mitzugehen.
Die Schriften des vorliegenden Bandes gliedern sich in Beiträge zu Kants ‘Kritik der reinen Vernunft’, der ‘Kritik der praktischen Vernunft’ und der ‘Religionsschrift’. Ein viertes Kapitel umfasst Beiträge zur Philosophie Bernhard Lonergans sowie des hl. Thomas von Aquin, deren Systeme die Interpretation der kantischen Werke durch Sala besonders prägt. Am Ende des Werkes findet sich eine umfangreiche Bibliographie der philosophisch-theologischen Schriften Giovanni Salas.
Giovanni B. Sala SJ, geb. 1930 in Terno d’Isola/Lombardei, studierte Theologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom und Philosophie an der Philosophischen Fakultät Aloisianum in Gallarate/Italien. Er wurde an der Universität Bonn bei Prof. Gottfried Martin zum Dr. phil. promoviert. Zunächst Lehrtätigkeit an der Philosophischen Fakultät Aloisianum in Gallarate, ab 1971 Professor an der Hochschule für Philosophie – Philosophische Fakultät SJ in München. Schwerpunkte seiner Arbeit sind Erkenntnistheorie, Ethik und die Philosophie Kants und Lonergans.
Die Herausgeber:
Ulrich L. Lehner, wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Fundamentaltheologie der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München. Verfasser von Publikationen zur Geschichte der Religionsphilosophie und Theologie. In Vorbereitung befindet sich die Monographie ‘Kant und die Vorsehung’.
Ronald K. Tacelli SJ, Professor für Philosophie am Boston College/USA. Verfasser zahlreicher Publikationen zur Religionsphilosophie und Theologie, aber auch zu Fragen der Ethik und der Philosophie Kants. In Vorbereitung befindet sich die Monographie ‘Pure Reason: Immanuel Kant on God, Freedom, and Immortality’.
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Inhaltsverzeichnis
Grußwort zur Festschrift für Giovanni B. Sala SJ von S.E. Joachim Kardinal Meisner
Vorwort
Einleitung
I. Kritik der reiner Vernunft
Immanuel Kants Kritik der reiner Vernunft: 1781-1981
Kants Lehre von der menschlichen Erkenntnis: eine sensualistische Version des Intuitionismus
Intentionalität contra Intuition
Bausteine zur Entstehungsgeschichte der Kritik der reinen Vernunft Kants
Die transzendentale Logik Kants und die Ontologie der deutschen Schulphilosophie
Ein Experimentum crucis der Transzendentalphilosophie Kants: Die Erkenntnis des Besonderen
Kants Agnostizismus: Hindernis im Wissen und Glauben
Die Gottesfrage in den Schriften Kants
The Metaphor of the Judge in the ‘Critique of Pure Reason’ (B xiii f): A Key for Interpreting the Kantian Theory of Knowledge?
II. Kritik der praktischen Vernunft
Immanuel Kants Kritik der praktischen Vernunft: 1788-1988
Das Gesetz oder das Gute? Zum Ursprung und Sinn des Formalismus in der Ethik Kants
Wohlverhalten und Wohlergehen
III. Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft
Die Lehre von Jesus Christus in Kants Religionsschrift
IV. Lonergan und der christliche Glaube
Erkenntnis als Struktur.
Lonergans ‘Essay zur Aneignung der eigenen Subjektivität’
Bernard Lonergans Methode der Theologie: Ein Theologe hinterfragt seinen eigenen Verstand
Das Böse und Gott als Erstursache nach dem hl. Thomas von Aquin
Bibliographie