Die Deutschen mögen ihre Kanzlerin, im Ausland dagegen schwindet ihr Ansehen. Angela Merkel verteidigt erfolgreich deutsche Wirtschaftsinteressen. Aber hat sie eine Vision für das Land oder für Europa? Judy Dempsey, irische Journalistin mit Wohnsitz in Berlin, blickt irritiert auf die Politik Angela Merkels.
Sei es das Verhältnis zu den USA oder zu Russland, seien es Energiewende, Zuwanderung oder Bundeswehreinsätze: Immer scheint das Primat des Pragmatismus zu regieren. Klare Strategien und energische Taktiken? Fehlanzeige. Der Gestaltungswille, mit dem die Kanzlerin 2005 ihr Amt angetreten hat, hat sich abgeschliffen.
Doch ohne Visionen und Ziele bleibt Politik Stückwerk. Deutschland muss wieder bereit sein, eine Führungsrolle in Europa zu übernehmen – nicht als Kassenwart, sondern als Vordenker eines solidarischen Staatenbundes. Judy Dempsey findet: Angela Merkel hat dazu die Macht und die Möglichkeiten. Sie sollte beides endlich nutzen.
Yazar hakkında
Judy Dempsey ist Journalistin und Auslandskorrespondentin. Die Politik Angela Merkels verfolgt sie intensiv seit 2005 und begleitete die Kanzlerin auf mehreren Auslandsreisen. In den 1980er Jahren berichtete Judy Dempsey für die Financial Times und den Economist aus Mittel- und Osteuropa; nach 1990 war sie als Korrespondentin für die Financial Times in London, Berlin, Jerusalem und Brüssel tätig, bevor sie zur International Herald Tribune wechselte. Heute lebt die gebürtige Irin in Berlin und arbeitet für den US-amerikanischen Think Tank Carnegie Europe.