Mit dem Paratext-Begriff hat Gérard Genette ein Instrument von erheblicher literatur-, kultur- und medientheoretischer Reichweite zur Verfügung gestellt. Daß sie noch unterschätzt wird, dafür dürfte die philologische Bescheidenheit mitverantwortlich sein, mit der die Kategorie eingeführt wurde. Nur zu gern hat man Genettes Rede vom Paratext als bloßem ‘Beiwerk des Buches’ – im Unterschied zum ‘eigentlichen’ Text – wörtlich genommen. Nimmt man das Konzept aber ernst, bleibt buchstäblich keines der Elemente eines Werks oder Buchs von paratextuellen Qualitäten unberührt. Und insofern paratextuellen Phänomenen ein für jede Lektüre, allgemein jede Rezeption weichenstellender Status zukommt, geht ihre Beobachtung keineswegs auf Randständiges, sondern tatsächlich aufs Ganze: Paratexte organisieren die Kommunikation von Texten überhaupt.
Die unter dieser These im vorgelegten Buch eröffnete Diskussion antwortet nicht zuletzt auf einen gegenwartsdiagnostischen Befund: In vielen medialen Kontexten ist eine rasante Ausdifferenzierung paratextueller Strategien zu beobachten. Ein besonderer Akzent des Bandes liegt im intermedialen Vergleich von Literatur, Film und Fernsehen sowie in einer entsprechenden Verschränkung interdisziplinärer Perspektiven. Wenn dabei konkurrierende Theorieansätze zu Wort kommen, wie sie in der aktuellen kulturwissenschaftlichen Debatte vertreten sind, so ist es kein Zufall, daß immer wieder Grundkonzeptionen der beteiligten Disziplinen thematisiert werden: vom Autor-, Werk- und Text- bis hin zum Kommunikations- und Medienbegriff. Ebenso wenig zufällig, sondern ein Zeugnis für das Potential des von Genette vorgeschlagenen Begriffs ist es jedoch, daß alle Beiträge die fällige theoretische Diskussion mit insistenten, teilweise mikrologisch präzisen materialen Analysen engzuführen verstehen.
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Georg Stanitzek: Texte, Paratexte, in Medien. Einleitung Thomas Schestag: ‘Call me Ishmael’ Dirk Baecker: Hilfe, ich bin ein Text! Ursula Geitner: Allographie. Autorschaft und Paratext – im Fall der Portugiesischen Briefe Holger Dainat: Goethes Natur oder: Was ist ein Autor? Natalie Binczek: Epistolare Paratexte. Über die ästhetische Erziehung des Menschengeschlechts in einer Reihe von Briefen Erhard Schüttpelz: ‘The bushmen’s letters are in their bodies.’ Paratexte zwischen //Kabbo und Wilhelm Bleek Gregor Schwering: ‘Achtung vor dem Paratext!’ Gérard Genettes Konzeption und H. C. Artmanns Dialektdichtung Marcus Hahn: ‘Nach der Werbung geht der Roman weiter’. Paratextualität in Frédéric Beigbeders Neununddreißig neunzig Alexander Böhnke: The End Joachim Paech: Film, programmatisch Alexander Böhnke: Wasserzeichen Joan Kristin Bleicher: Programmverbindungen als Paratexte des Fernsehens Rolf Parr/Matthias Thiele: Eine ‘vielgestaltige Menge von Praktiken und Diskursen’. Zur Interdiskursivität und Televisualität von Paratexten des Fernsehens Vinzenz Hediger: Trailer Online. Der Hypertext als Paratext oder das Internet als Vorhof des Films