Dass der Dichter von ‘Fräulein Else’, ‘Traumnovelle’ und anderen Meisterwerken, in denen die Figuren kunst- und sinnvoll träumen, auch selbst ein reges Traumleben führte, fällt bei der Lektüre seines großen Tagebuchwerks sofort auf: Arthur Schnitzlers Aufzeichnungen der eigenen Träume gehören zu den erzählerisch reizvollsten Eintragungen seines Diariums.
Schnitzler hat zwischen 1921 und 1931 seine Traumnotate exzerpiert, stilistisch überarbeitet und drei substantielle Traumtexte, die nicht im Tagebuch stehen, hinzugefügt. Das Ergebnis ist eine faszinierende Chronik seines Innenlebens, ein Werk, das zur Konfrontation mit Freuds ‘Traumdeutung’ herausfordert. Obwohl die Traumtexte natürlich Schnitzlers ureigene Leiden und Leidenschaften widerspiegeln, enthalten sie auch seltsame Szenarien, in denen berühmte Zeitgenossen auftreten: neben Freud auch Herzl, Klimt, Hofmannsthal, Mahler und viele andere. Schnitzlers ‘Träume’ sind das tiefste ‘Nachtbuch’ der Epoche, sowohl eine ‘unbewusste’ Autobiographie des Autors als auch ein dunkles Spiegelbild seiner Zeit.
Dieses Typoskript aus dem Nachlass wird nun erstmals als Einheit veröffentlicht und mit einem umfassenden Kommentar versehen.
‘Wenn sich ein Mensch entschließen könnte, alle seine Träume ohne Unterschied, ohne Rücksicht … niederzuschreiben, so würde er der Menschheit ein großes Geschenk machen.’
Friedrich Hebbel
Про автора
Arthur Schnitzler (1862 – 1931) praktizierender Arzt und freier Schriftsteller in Wien, gehört zu den wichtigsten Autoren der klassischen Moderne. Die Herausgeber Peter Michael Braunwarth, geb. 1952, ist Mitarbeiter der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien, Mitglied des Editorenteams der zehnbändigen Tagebuch-Ausgabe Schnitzlers (1981 – 2000) sowie der zweibändigen Ausgabe von Schnitzlers Briefen (1981 – 1984), seit 2010 beteiligt an der historisch-kritischen Ausgabe von Schnitzlers Frühwerk. Leo A. Lensing, geb. 1948, ist Professor für Germanistik und Filmgeschichte an der Wesleyan University, Connecticut. Veröffentlichungen u.a.: Karl Kraus: Brief über den Vater (Hg., 2005); Karl Kraus als Vorleser (Hg., 2007) sowie im Wallstein Verlag ‘Peter Altenberg: Die Selbsterfindung eines Dichters’ (Hg., 2009).