In den Auseinandersetzungen des 16. Jahrhunderts um Kirche und zentrale Glaubensfragen ist der Diskurs der reformatorischen Bewegungen von einem Bedeutungszuwachs apokalyptischer Deutungsschemata geprägt. Die Kritik an Kirche und kirchlichen Institutionen, aber auch die eigene Position wurden entlang endzeitlicher Deutungen exegetisch legitimiert: Identifikationen von gegenwärtigen und historischen Ereignissen, Personen und Personengruppen anhand apokalyptischer Bilder wurden aus der für die eigene Bewegung beanspruchten Perspektive der Rechtgläubigkeit argumentiert. Die dadurch entstandene apokalyptische Gegenwartsdeutung speiste sich vorrangig aus der Bibel, allerdings wurden auch andere Quellen wie astrologische und visionäre Weissagungen verwendet. Insbesondere die darin manifestierten unterschiedlichen Auffassungen von Exegese, Offenbarung und Prophetie trugen zu einem endzeitlichen Diskurs bei, der zwischen der diskursmächtigen lutherischen Bewegung und marginalisierten reformatorischen Richtungen geführt wurde und Gegenstand dieser diskursanalytischen und kulturwissenschaftlichen Untersuchung ist.
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Catherine Feik, Universität Wien, Wien, Österreich.