‘Manchem mag das scherzhaft vorkommen, dem Rez[ensenten] erweckte es ein unheimliches Gefühl.’ Diese Bemerkung E. T. A. Hoffmanns über eine Passage aus dem 3. Satz der Fünften Sinfonie Ludwig van Beethovens steht paradigmatisch für die Frage, ob, und wenn ja, auf welche Weise es der Musik möglich ist, das Unheimliche in Klängen heraufzubeschwören – sei es unterstützend im Verbund mit Text, Bild oder Szene, sei es durch die Imaginationskraft der Töne allein.
Virulent wurde diese Thematik spätestens mit dem Aufkommen der Schauerliteratur ab dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts, erst recht, weil die Musik selbst sich dort als Handlungsmotiv etablierte und in den Bühnenwerken, die an der entsprechenden Ästhetik des Schreckens teilhatten, als Stimmungsbehelf unverzichtbare Dienste leistete – eine Aufgabe, die sie bis zum Horrorfilm und dem Computerspiel unserer Tage erfüllt. Der Band geht mit historischen Fallstudien dem Phänomen ‘unheimlicher’ Kompositionen nach und beleuchtet es in der Ausprägung verschiedener Gattungen, Epochen und Medien.
Mit Beiträgen von Jean-François Candoni, Julian Caskel, Richard Erkens, Marco Frenschkowski, Carsten Göpfert, Frank Hentschel, Christoph Hust, Bernhard Jahn, Christian Kämpf, Tobias Robert Klein, Martin Küster, Janina Müller, Ivana Rentsch, Anna Ricke, Arne Stollberg, Stefan Willer und Friederike Wißmann.
Зміст
Vorwort
– Arne Stollberg: Angstlust. Das Unheimliche und seine Musik
I Literatur
– Stefan Willer: Wiederholung und Wiedererkennung. Zum Musikalisch-Unheimlichen in Erzählungen von Ludwig Tieck, Clemens Brentano und E. T. A. Hoffmann
– Jean-François Candoni: Musik in der französischen Schauerliteratur des 19. Jahrhunderts
– Marco Frenschkowski: Sphärenharmonie und Wahnsinn. Ein Essay über Musik und die angloamerikanische unheimlich-phantastische Literatur
II Vokal- und Instrumentalmusik
– Martin Küster: Impassible – impossible. Vom Sinn schauerlich-monotoner Gesänge um 1800
– Friederike Wißmann: Unheimliche Idyllen. Schuberts Klavierlied ‘Der Geistertanz’
– Julian Caskel: Stille und Spuk. Zur Semiotik des Unheimlichen am Beispiel von symphonischen Scherzosätzen
– Ivana Rentsch: Das Unheimliche als Experimentierraum. Antonín Dvoráks Symphonische Dichtungen
III (Musik-)Theater
– Frank Hentschel: Die Lust an der Angst im Musiktheater des 17. Jahrhunderts
– Bernhard Jahn: Die Entstehung des Unheimlichen im Musiktheater des 18. Jahrhunderts. Religiöse Traditionen und komische Praxis
– Anna Ricke: ‘[M]uch too terrible for representation’. Musik und Geräusch in Matthew Lewis’ Melodram ‘The Captive’ (1803)
– Tobias Robert Klein: Die unerträgliche Endlichkeit des Seins. Drei Bruchstücke aus Heinrich Marschners ‘Vampyr’
– Christian Kämpf: Aus einem Banne befreit: Schumanns ‘Manfred’
– Richard Erkens: Unheimliche Augenblicke. Lokalisierung von Angstszenarien an Beispielen des französischen und italienischen Musiktheaters im 19. Jahrhundert
IV Film, Videospiel, Interactive Fiction
– Janina Müller: Chronotopische Klangräume. Zu den tönenden Architekturen des Unheimlichen in Roman Polanskis Apartment-Trilogie
– Christoph Hust: Die unerhörten Klänge des Unheimlichen in der Interactive Fiction
– Carsten Göpfert: Unheimliche Videospielmusik in der Ego-Perspektive. Der Einsatz von auditiven Reizen in den Horrorgames ‘Slender – The Eight Pages und Layers of Fear’
Abstracts
Autorinnen und Autoren
Register
Про автора
Christoph Hust lehrt nach Stationen in Mainz und Bern seit 2011 am Institut für Musikwissenschaft der Hochschule für Musik und Theater ‘Felix Mendelssohn Bartholdy’ Leipzig. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Geschichte der Musiktheorie, die Musikverlagsgeschichte und Verbindungen von Musik und Medien.
Ivana Rentsch ist seit 2013 Professorin am Institut für Historische Musikwissenschaft der Universität Hamburg. Zu ihren Schwerpunkten zählen u. a. das Themenfeld von Musik und Nationalismus und die tschechische Musikgeschichte.
Arne Stollberg ist seit 2015 Professor für Historische Musikwissenschaft am Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin. Forschungsschwerpunkte: Musikästhetik und musikalische Analyse, Musiktheater und Instrumentalmusik vom 18. bis zum 21. Jahrhundert.