Als ‘Mainzer Republik’ wird der Zeitraum vom Oktober 1792 bis zum Juli 1793 bezeichnet, in dem Mainz erstmals unter französischer Herrschaft stand und in dem die Franzosen zusammen mit Deutschen, den ‘Mainzer Jakobinern’, den Versuch einer Expansion der Französischen Revolution ins Linksrheinische unternahmen. Einer sprachpolitisch interessierten Geschichtsschreibung des Neuhochdeutschen stellt sich die Mainzer Republik als scharfe Zäsur dar: Lange vor der Revolution von 1848 entstand damals in Mainz eine politische Öffentlichkeit mit hoher Dichte der persuasiven Kommunikation. Die politisch meist unerfahrenen Akteure erwiesen sich als sprachlich kreativ. Sie erkannten rasch, daß ihre persuasive Intention mit Hilfe der etablierten Kommunikationsformen und des konventionalisierten Wortschatzes nicht umzusetzen war und entwickelten deshalb eine Vielzahl sprachlicher Innovationen, besonders der Textsorten und des Lexikons. Diese politisch motivierten Innovationen waren keineswegs unumstritten, so daß die Mainzer Republik nicht zuletzt auch von scharfen semantisch-pragmatischen Kontroversen geprägt war.
Obwohl die 1792 und 1793 in Mainz entstandenen Texte demnach ein Korpus darstellen, das sich dazu eignet, die Interdependenzbeziehung von Sprache und Gesellschaft sprachhistorisch zu diskutieren, hat die Mainzer Republik innerhalb der Sprachwissenschaft bislang nur marginale Beachtung gefunden. Die nun vorgelegte Monographie, die besonders die historische Semantik und Pragmatik der Mainzer Republik behandelt, will einen Beitrag zur Schließung dieser Forschungslücke leisten.