Farbe, Tanz, Gesang! Mit seinen ‘comédies en-chantées’ wie ‘Les Parapluies de Cherbourg’ (1963) und ‘Les Demoiselles de Rochefort’ (1966) hat Jacques Demy (1931-1990) das Filmmusical ins Frankreich der 1960er Jahre übertragen und dessen Gestaltungsmittel zu einer modernen Filmsprache ausgearbeitet.
Auch dort, wo in seinen Filmen nicht explizit gesungen und getanzt wird, begegnen die Körper einander tänzelnd, sind Räume und Bewegungen sorgfältig orchestriert, und Dekor und Kostüme zelebrieren die Sinnlichkeit von Farbe und Materialität.
Auf diese Weise eröffnen Demys Filme Zwischenwelten, die sich stets in flirrender Nähe zu Traum und Märchen bewegen – selbst dann, wenn alltagsnahe Themen wie Streiks, soziale Konflikte oder die Schwangerschaft eines Teenagers verhandelt werden. Anders als für viele seiner Zeitgenossen im Umfeld der Nouvelle Vague setzt Demy dabei weniger auf den ästhetischen Bruch als auf subtile Verschiebungen, die Bekanntes in einen Schwebezustand versetzen. Mit einer Mischung aus Hommage, Pathos und Ironie zitiert er Märchen, Geschichten oder visuelle Stereotype der Film-, Kunst- und Literaturgeschichte und ver- oder überdreht sie zugleich. In diesem doppelten Spiel, so soll der Band zeigen, liegt nicht nur die ästhetische, sondern auch eine (bisher kaum gewürdigte) politische Dimension von Demys Kino.
Зміст
– Kristina Köhler: Verschiebungen im Sinnlichen. Zum Kino von Jacques Demy. Ein Vorwort
– Simon Frisch: Jacques Demys Poetik der Verschiebung und der Schwerelosigkeit. Eine Lektüre der Anfänge von Lola und La Baie des anges
– Barbara Flückiger: Farbe und Ausdrucksbewegung. Jacques Demys Musicals Les Parapluies de Cherbourg und Les Demoiselles de Rochefort
– Jörg Schweinitz: Mit Susan Sontag im Kino von Jacques Demy. Les Parapluies de Cherbourg als Camp
– Anne E. Duggan: Verque(e)re Märchenwelten. Zur Camp-Ästhetik von Peau d’âne
– Jörg Becker: ‘Ein Streik und die Liebe.’ Klassengegensätze, Arbeiterkampf und Liebestod in Une chambre en ville
– Daniel Winkler / Christian Quendler: Show Musical und ‘cinéma en chanté’. Metareferenzialität und
Nostalgie in Trois places pour le 26
– Sophie Rudolph: Demy par Varda. Über das persönliche und filmische Erinnern
– Biografie
– Filmografie
– Autor*innen
Про автора
Kristina Köhler ist Juniorprofessorin für Filmwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Davor war sie Assistentin und Oberassistentin am Seminar für Filmwissenschaft der Universität Zürich, wo sie mit der Arbeit ‘Der tänzerische Film. Frühe Filmkultur und moderner Tanz’ (2017) promoviert wurde. Sie ist Mitherausgeberin der Film-Konzepte und der Zeitschrift Montage AV. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen Filmgeschichte bzw. Theorie- und Wissensgeschichte des Films, Tanz- und Körperkulturen der Moderne, Medienarchä ologie und Fragen des Medienwandels.