Die Vielfalt wissenschaftlicher und therapeutischer Konzepte im Bereich von Sexualität und Gender geht mit Widersprüchlichkeiten einher. Ralf Binswanger entwickelt ein methodisches Modell aus psychoanalytisch-sexualwissenschaftlicher Perspektive, das mehr Klarheit beim Reden über Sexualität ermöglicht. Er betrachtet die erwachsene manifeste Sexualität unter zwei getrennten Gesichtspunkten: Sexualität per se und Sexualität in actu. Der erste Aspekt erschließt die konzeptionelle Gleichartigkeit von Homosexualität und den traditionell als »pervers« bezeichneten Sexualitäten mit der Heterosexualität. Sie alle werden als »erwachsene Sexualorganisationen« definiert. Der zweite beschreibt jedes einzelne sexuelle Fantasieren und Verhalten als eine widersprüchliche Einheit von Funktionen – der libidinösen Triebbefriedigung einerseits und einer Reihe nicht-sexueller Funktionen andererseits. Der Autor überträgt dieses Modell auf Gender, wendet es auf Freuds Partialtriebtheorie an und präzisiert darauf aufbauend Begriffe, die bisher uneinheitlich verwendet wurden, wie »Sexualisierung«, »Erotisierung«, »Sublimierung«, »latente Homosexualität« oder »Homophobie«. Aus diesen Begriffsklärungen ergeben sich wichtige theoretische und psychotherapeutische Konsequenzen.
Зміст
Geleitwort
1 Einleitung
1.1 Zum Aufbau des Buches
1.2 Danksagung
Erster Teil
Mehr Klarheit beim Reden über Sexualität und Gender
2 Mehr Klarheit beim Reden über Sexualität
Ein dynamisches Modell zur Strukturierung
sexualwissenschaftlicher Diskurse
2.1 Einleitung
2.2 Sexualität per se und Sexualität in actu
2.3 Zwischenbilanz: Konsequenzen des Modells für die therapeutische Praxis
2.4 Exkurs: ICD-11
2.5 Vertiefung des Modells I: Sexualität in actu
2.6 Vertiefung des Modells II: Sexualität per se
2.7 Schlussfolgerungen
2.8 Zusammenfassung der Diskussion über
»Mehr Klarheit beim Reden über Sexualität« in der Zeitschrift für Sexualforschung
3 (K)ein Grund zur Homosexualität
Ein Plädoyer zum Verzicht auf psychogenetische Erklärungsversuche von homosexuellen,
heterosexuellen und anderen Orientierungen
3.1 Einleitung
3.2 Zwei Gesichtspunkte im Diskurs über Sexualität
3.3 Schluss
4 Sexualität und Gender: Das gleiche Modell für beides?
4.1 Einleitung
4.2 Fragestellung
4.3 Mein umfassendes Modell zur Sexualität
4.4 Übertragung des Modells auf Gender
4.5 Gender in actu im Einzelnen
4.6 Schlussfolgerung
4.7 Praktische Anwendung meiner Modelle zu Sexualität und Gender, mit Fallbeispiel 1
Exkurs
Mehr Klarheit beim Reden über Psychoanalyse
5 Meine methodischen und inhaltlichen Schwerpunkte innerhalb der verschiedenen
Strömungen der Psychoanalyse
5.1 Zwei materielle Gegebenheiten der individuellen Menschwerdung
5.2 Dialektische Methode
5.3 Kopernikanische Wende?
Zweiter Teil
Mehr Klarheit beim Reden über Trieb
6 Freuds Partialtriebtheorie aktualisiert
6.1 Leitlinien bei der Lektüre
6.2 Eine strategische Schlüsselstelle
6.3 Das Problem der Desexualisierung
6.4 Bestimmte Neurosen sowie (Homo- und andere) »Phobien« als Negativ erwachsener Sexualorganisationen
6.5 Illustration an Freuds drei Formen des Masochismus
6.6 Begriffsbestimmungen
6.7 Morgenthalers Dialektik zwischen »dem Sexuellen« und der »Organisierten Sexualität«
6.8 Die Umgangssprache verführt zu Missverständnissen
6.9 Vier Ebenen der Argumentation
7 Zur Analyse und Therapie bestimmter Neurosen
7.1 Illustrationen unter Beizug psychoanalytischer Literatur
7.2 Folgerungen für die psychotherapeutische Praxis
8 Zur Neuformulierung des Perversionsbegriffs
8.1 Perversionskonzepte in der psychoanalytischen Literatur
8.2 Fallbeispiel 2: Außereheliche Promiskuität als perverse sexuelle Aktivität
8.3 Achtung Giftschrank: Pädophilie und pädosexuelle Aktivitäten
9 Die Dynamik zwischen den Gesichtspunkten
Sexualität per se und Sexualität in actu
Literatur