Anfang der 1920er Jahre, ausgelöst durch das Aufkommen einer sozialistischen Bewegung nach der russischen Oktoberrevolution, entstand in Japan ein Diskurs über die sozialpolitische Rolle des Intellektuellen, der sich bis in die 1970er Jahre hineinzog. Angeführt wurde er von marxistisch und humanistisch orientierten Literaturkritikern und Schriftstellern, die sich Fragen nach der sozialen Verantwortung der Literatur und der diesbezüglichen Rolle der Intelligenz stellten. Der japanische Intellektuellenbegriff ist im Rahmen dieses Diskurses vor dem geschichtlichen und gesellschaftspolitischen Kontext sukzessiv neu geformt worden. Er ist Zeugnis einer steten Auseinandersetzung, gespiegelt in differenzierten Begriffen, was ein Intellektueller sei, und welchen Platz dieser in der Gesellschaft einnehmen solle.
Anhand einer Diskursanalyse repräsentativer Debatten zwischen 1920 und 1970 unter Einbezugnahme von Bourdieus Theorie des literarischen Feldes wird die Entwicklung, die Rolle und die Selbstwahrnehmung des modernen japanischen Intellektuellen in der Zwischen- und Nachkriegszeit des 20. Jahrhunderts gezeichnet und ein Profil des Schriftstellers als Intellektueller definiert.
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Simone Müller, Universität Zürich, Schweiz.