Wie aus seinen Tagebuchnotizen vom Oktober 1918 hervorgeht, floss Thomas Mann der Nachruf auf Eduard Graf von Keyserling nicht leicht aus der Feder. Er plagte sich vielmehr recht lange damit herum, angemessene Worte über den Romancier und Erzähler Keyserling zu finden, der am 28. September 1918 gestorben war und mit dem ihn lediglich eine Bekanntschaft verbunden hatte. Die Initiative für den Artikel war wohl von der Frankfurter Zeitung ausgegangen, und Mann fühlte sich verpflichtet, der Bitte der Redaktion nachzukommen. Dem in der Ausgabe vom 15. Oktober 1918 veröffentlichten Text ist die etwas distanzierte Haltung anzumerken: er ist ersichtlich nicht von demselben Überschwang geprägt, der andere Nachrufe Manns auszeichnet. Dafür sind klare Bezüge zu den ›Betrachtungen eines Unpolitischen‹ erkennbar, einer Arbeit, die im essayistischen Werk Thomas Manns aus jener Zeit generell präsent ist.
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Thomas Mann, 1875–1955, zählt zu den bedeutendsten Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. Mit ihm erreichte der moderne deutsche Roman den Anschluss an die Weltliteratur. Manns vielschichtiges Werk hat eine weltweit kaum zu übertreffende positive Resonanz gefunden. Ab 1933 lebte er im Exil, zuerst in der Schweiz, dann in den USA. Erst 1952 kehrte Mann nach Europa zurück, wo er 1955 in Zürich verstarb.