Die Außen- und Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland war lange von beachtlicher Kontinuität geprägt. Doch ‘wir erleben eine Zeitenwende. Und das bedeutet: Die Welt danach ist nicht mehr dieselbe wie die Welt davor’ – so Bundeskanzler Scholz in seiner inzwischen berühmt gewordenen Rede im Deutschen Bundestag vom 27.2.2022. Diese sicherheitspolitische Zeitenwende infolge des Angriffs Russlands auf die Ukraine fordert Deutschlands Selbstverständnis und seine Rolle massiv heraus. Sie verschiebt die Prioritäten deutscher Außenpolitik und wirft die Frage auf, wie sich die Bundesrepublik in und nach dieser Krise in einem sich vielleicht nicht gänzlich neu, aber doch deutlich anders strukturierten internationalen Gefüge positionieren wird und die postulierte ‘Zeitenwende’ gestaltet.
Diese Ausgabe von Politikum nimmt die Zeitenwende in der Außenpolitik kritisch in den Blick. Sie verortet deutsche Außenpolitik in ihren Grundkonstanten und längeren Linien, vermisst die Herausforderungen und wagt erste – angemessen kontroverse – Bewertungen in zentralen strategischen Fragen. Deutlich wird: Infolge der Rückkehr des Krieges nach Europa und einer absehbaren Zweiteilung der Welt wird sich deutsche Außenpolitik verändern und neu aufstellen. Das gilt einerseits für den Stellenwert von sicherheitspolitischen Fragen in der Außenpolitik und die Bedeutung von Verteidigungsfähigkeit des Landes mitsamt den dafür erforderlichen Maßnahmen. Anderseits gilt dies auch für die Neubewertung der Frage von ökonomischen Abhängigkeiten, den Umgang mit autoritären Staaten und damit der Zukunft des deutschen Geschäftsmodells als Exportweltmeister, der wie kaum ein anderer von einer offenen internationalen Ordnung profitiert hat. Konsens scheint: Die Zeichen stehen auf Sturm.
Mục lục
Zeitenwende – Deutsche Außenpolitik
Christian Hacke:
Verlust an Orientierung und Gestaltungskraft. Deutsche Außenpolitik von Adenauer bis Scholz
Michael Brzoska:
Zeitenwende: Wie groß ist die Herausforderung für die deutsche Außenpolitik?
Gunther Hellmann:
Die Zeichen stehen auf Sturm. Deutsche Außenpolitik in einer krisengeschüttelten Welt
Heribert Dieter:
Deutschland und die neue Geoökonomie. Die Rückkehr der Außenpolitik in die internationalen Wirtschaftsbeziehungen
Andreas Nick:
The West against the Rest? Der Umgang mit autoritären Staaten als neue Großherausforderung
Hans-Peter Bartels:
Verteidigen als Leitmotiv: Was die Bundeswehr braucht
Rüdiger Lüdeking:
Rüstungskontrolle als Thema von gestern? Was deutsche Außenpolitik leisten kann
Zeitenwende weiterdenken. ‘Deutschland ist eine getriebene Ermöglichungsmacht, aber ich sehe keine Dominanz’
Interview mit Vladimir Handl
Forum
Dominik Meier:
Brückenbauer einer postmodernen Demokratie. Die neuen Herausforderungen für Public Affairs in der Ampel-Ära
Rezensionen
Giới thiệu về tác giả
Dr. Hans-Peter Bartels
ist Publizist und Präsident der ‘Gesellschaft für Sicherheitspolitik’. Er war seit 1998 Abgeordneter im Deutschen Bundestag und von 2015–2020 Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestags.
Prof. Dr. Michael Brzoska
ist emeritierter Professor für Politikwissenschaft an der Universität Hamburg und war bis 2016 Direktor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik (IFSH).
Prof. Dr. Heribert Dieter
arbeitet in der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin und lehrt politische Ökonomie an den Universitäten Potsdam und Friedrichshafen.
Prof. Dr. Christian Hacke
lehrte Politikwissenschaft an der Universität Bonn und ist einer der besten Kenner der deutschen Außenpolitik.
Dr. Vladimir Handl
ist einer der führenden osteuropäischen Experten für Deutschland und deutsche Außenpolitik. Er war viele Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Internationale Beziehungen in Prag (IIR) tätig und lehrt aktuell am Fachbereich für Deutschlandstudien an der Karls-Universität in Prag.
Prof. Dr. Gunther Hellmann
lehrt Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt deutsche und europäische Außenpolitik an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main.
Rüdiger Lüdeking
war lange Jahre im Auswärtigen Amt für Rüstungskontrolle zuständig, u.a. als Beauftragter für Fragen der Abrüstung und Rüstungskontrolle. Er war danach Botschafter bei der OSZE und den Vereinten Nationen in Genf sowie bis 2018 deutscher Botschafter beim Königreich Belgien.
Dominik Meier
ist Inhaber und Geschäftsführer von Miller & Meier Consulting und Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Politikberatung e. V. (de’ge’pol) sowie Vice President der Public Affairs Community of Europe (PACE).
Dr. Andreas Nick
war 2013–2021 Bundestagsabgeordneter und Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, zudem 2018–2022 Vizepräsident und Leiter der deutschen Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Im Frühjahr 2022 war er Mercator-IPC Senior Fellow am Istanbul Policy Center der Sabancı University – Stiftung Mercator Initiative in Istanbul.
Prof. Dr. Johannes Varwick
lehrt Internationale Beziehungen und europäische Politik an der Universität Halle-Wittenberg und ist MItherausgeber von ‘Politikum’.