Was weiß man über Bernburg? Bernburg an der Saale. Lohnt sich das überhaupt? Es ist ein dickes Buch über die kleine Residenz, die erste und älteste unter den Residenzen der anhaltinischen Fürstentümer, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts Herzogtümer wurden. Und geschrieben hat es ein gebürtiger Bernburger, der in seiner Vorbetrachtung einen hübschen Vergleich zieht:
Spielerisch könnte man Bernburg als ein kleineres, ärmlicheres, schlecht weggekommenes Geschwisterchen neben Weimar stellen. Nicht nur, dass auch Weimar einmal von einem Askanier regiert wurde: Die Grafen von Orlamünde, die im 13. und 14. Jahrhundert, bis sie 1375 ausstarben, die Herrschaft über Weimar innehatten, waren Verwandte Albrechts des Bären gewesen wie übrigens auch Uta von Ballenstedt, die Gemahlin des Landgrafen Ekkehard von Thüringen, an dessen Seite sie unter den Statuen der Stifter im Westchor des Naumburger Doms steht.
Lohnt es trotzdem, sich mit Bernburg zu befassen? Mit Bernburg an der Saale.
Nach der Lektüre dieses dicken Bernburg-Buches, das sich nach Auskunft seines Verfassers an interessierte Leser wendet, nicht an Wissenschaftler, die sich in den Quellen selbst auskennen, darf man diese Frage mit Ja beantworten.
Denn der Leser erfährt sehr viel über die Stadt und ihr Schloss und über die dort bis 1863 herrschenden Anhaltinischen Fürsten der Linie Anhalt-Bernburg – von da an wurde die Saale-Residenz von Dessau aus regiert. Und der Leser erfährt viel über Persönlichkeiten, die in verschiedener Weise mit eben jenem Bernburg zu tun haben.
Dazu gehören der Minnesänger Heinrich I., Fürst von Anhalt, ein Enkel Albrechts des Bären, Till Eulenspiegel, der auch in Bernburg seine tollen Späße getrieben haben soll, der Offizier und Dichter Ewald von Kleist, der einen Teil seiner Werke in Bernburg schrieb, natürlich auch Goethe, der mit Herzog Alexius Friedrich Christian von Bernburg im Briefwechsel stand, um seine Werke schützen zu lassen, die beiden Durchreisenden Novalis und Eichendorf, der Maler und Schriftsteller Wilhelm von Kügelgen sowie Kaiser Napoleon, der dort 1813 seine Pferde gewechselt hat und Bismarck, der dort fast einmal Erster Minister geworden wäre, und – kleiner Zeitsprung – DDR-Stararchitekt Hermann Henselmann, der dort seine Kindheit und Jugend verbracht hat.
Es ist ein dickes und schönes Lesebuch über Bernburg, das man vielleicht am besten in kleinen Abschnitten genießen sollte. Es lohnt sich jedenfalls. Bernburg an der Saale wie dieses Lesebuch über Bernburg.
Table of Content
Früheste Zeugnisse
Zur Geschichte der Forschung
Geschichtliche Äußerungen über das hohe Alter Bernburgs
Die Urkunde vom 29. Juli 961
Deutungen des Namens Bernburg
I. TEIL: FRÜHE STIMMEN
Das Tanzwunder in Kölbigk und andere Sagen
Der Kölbigker Heele Christ oder Kölbigker Spukegeist
Der Bernburger Heele Christ
Das Gespenst auf der Altstädter Pfarre
Der Leichenzug auf dem Zepziger Wege
Die Bläsjungfer
Der Nickert
Der Gottsingende Grund bei Gröna
Die Kreuzsteine in Ilberstedt
Die Raubburg Pfuhle
Ein anhaltischer Minnesänger
Till Eulenspiegel an der Saale
II. TEIL: BERNBURG UND SEINE FÜRSTEN
„Von der Stat Bernburg“ – von Johann Christoph Beckmann
Das Fürstliche Schloss
Der Heringskrieg
Wolfgang, 1492–1566
Joachim Ernst, 1536–1586
Ricarda Huch über Christian I. (1568–1630)
Golo Mann über Christian I.
Golo Mann über Christian II. von Anhalt Bernburg
Aus dem Tagebuch Christans II. von Anhalt-Bernburg
Victor Amadeus, 1634–1718
Victor Friedrich als Bräutigam in Potsdam – (Aus den Memoiren einer Schwester Friedrichs II. von Preußen)
III. TEIL: BERNBURG 1644
Bernburg 1644 in Friedrich Schillers Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs
Der Dreißigjährige Krieg 1644 in Bernburg
IV. TEIL: DICHTERGRÜSSE
Ewald Christian von Kleist in Bernburg
Ein Dichter am Fürstentisch: Goethe in Anhalt-Bernburg
Franz Stieler: Geschäftlicher Briefwechsel Goethes mit dem Herzog von Anhalt-Bernburg
Harzreise eines Frühromantikers: Novalis sieht Bernburg
„In einem kühlen Grunde“: Joseph von Eichendorff und Anhalt-Bernburg
1813: Ludwig Achim von Arnim und sein „Nachruf an Heinrich Ferdinand von Krosigk“
V. TEIL: DER ÄTTI – SUPERINTENDENT UND DICHTER – Friedrich Adolph Krummacher in Bernburg
Der Vorgänger: Johann Caspar Häfeli
Aus Krummachers Werken
Aus den „Parabeln“
Aus „Bilder und Bildchen“
Aus Krummachers Briefen
VI. TEIL: HOFMALER UND ERZÄHLER, – Wilhelm von Kügelgen in Anhalt-Bernburg
Aus den „Jugenderinnerungen eines alten Mannes“
Viertes Kapitel – In Ballenstedt
Ein Besuch bei Hofe
Drittes Kapitel – Ankunft in Bernburg
Die Hausgenossen
Wie man sich bei Damen insinuiert (13)
Musikalische Leistungen
Zwei Kanzeln
Die Schule
Der Verfasser ergibt sich der Demagogie
Meine Wirksamkeit bei Hofe
Das Aktenstück
Aus den Briefen und Tagebüchern
Anmerkungen zu den Texten von Wilhelm von Kügelgen:
Anhang: Wilhelmine Bardua über Bernburg
VII. TEIL: NICHT GEKOMMEN – NICHT GEBLIEBEN
Beinahe Bismarck
Otto von Heinemann und das Bernburger Gymnasium
Erinnerungen von Hermann Henselmann
About the author
Volker Ebersbach ist am 6. September 1942 in Bernburg/Saale geboren und dort aufgewachsen. Nach Abitur und Schlosserlehre studierte er von 1961 bis 1966 Klassische Philologie und Germanistik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. 1967 promovierte er über den römischen Satiriker Titus Petronius. Danach lehrte er Deutsch als Fremdsprache ab 1967 in Leipzig, 1968 in Bagdad, 1971 bis 1974 an der Universität Budapest, wo er auch mit seiner Familie lebte.
Seit 1976 ist er freier Schriftsteller, Übersetzer und Herausgeber. Er schreibt Erzählungen und Romane, Kurzprosa, Gedichte, Essays, Kinderbücher, Biografien und Anekdoten. Er übersetzte aus dem Lateinischen ausgewählte Werke von Catull, Vergil, Ovid, Petronius, das Waltharilied, Janus Pannonius und Jan Kochanowski. Einzelne Werke wurden ins Slowenische und Koreanische übersetzt.
Von 1997 bis 2002 war er Stadtschreiber in Bernburg. Danach lehrte er bis 2004 an der Universität Leipzig.