Lavaters vielfältige Interessen, die nicht allein durch Lektüre ausgemessen wurden, sondern durch persönliche, nicht selten streitbare Kontakte vitalisierend waren, machen ihn zu einer schillernden Zentralfigur des 18. Jahrhunderts. Entsprechend seinem Diktum vom ‚Antlitz Gottes im Antlitz des Menschen‘ spiegelt sich dieses 18. Jahrhundert mit den Gleichzeitigkeiten des Ungleich(zeitig)en, mit seinen gradlinigen wie krummen Verläufen, seinen Kontroversen und Konflikten in Lavaters komplexer Werk-Physiognomie. Der Band schafft interdisziplinäre Zugänge aus germanistischer Literaturwissenschaft, Latinistik, Russistik, Medizin- und Psychologiegeschichte, Kunstgeschichte, Esoterikgeschichte, Religionswissenschaft, Theologien mehrerer Konfessionen, Musikwissenschaft, Philosophie und Frühneuzeitgeschichte. Er bietet einen kulturwissenschaftlich-diskursgeschichtlich orientierten Zugriff. Das ist insofern dem Gegenstand des Interesses angemessen, als es sich bei Lavater um einen Autor handelt, der einerseits eine, wenn man so will, kulturwissenschaftlich fundierte und andererseits interdisziplinär ausgreifende Theologie etabliert hat.
Über den Autor
Hans-Jürgen Schrader ist Prof. em. für deutsche Literatur an der Universität Genf und Mitglied der Historischen Kommission zur Erforschung des Pietismus.