Als nach Ostern 1960 die Leichen des praktischen Arztes Dr. Otto Praun und seiner Haushälterin Elfriede Kloo in Pöcking gefunden werden, ahnt niemand, dass damit einer der spektakulärsten Kriminalfälle der Nachkriegszeit ausgelöst wird. Der Fall endet nach einem Indizienprozess im Juni 1962 mit der Verurteilung der beiden Angeklagten, der 52-jährigen Hausfrau Vera Brühne und des 48-jährigen Montageschlossers Johann Ferbach, zu lebenslangem Zuchthaus. – Fehler bei der Spurensicherung und die Tatsache, dass die Beschuldigten nie ein Schuldbekenntnis ablegen, führen zu Diskussionen über die Unabhängigkeit deutscher Gerichte bei Sensationsprozessen. Noch anlässlich der Verfilmung des Mordfalls 2001 überwiegt die Meinung, es handele sich um einen ewigen Skandal, in dem Brühne, die nach anderen als den damals gängigen moralischen Kategorien gelebt habe, zur ‚Feindin der Ehemoral‘ hochstilisiert und exemplarisch bestraft worden sei. Die Fallakte Brühne-Ferbach ist bis heute einzigartig in der deutschen Kriminalgeschichte, wozu neben dem Medieninteresse an Vera Brühne u. a. ihr Verhältnis zu Johann Ferbach beiträgt, dem ’so viel Unauffälligeren der beiden Verurteilten‘ (Spiegel).
In diesem Buch werden Beweismittel und Indizien aus fallanalytischer Sicht neu betrachtet und validiert. Neben Originaldokumenten werden Tonaufnahmen analysiert, die 1961 bei Verhören der Verdächtigen entstanden sind. Dem Themenkomplex Waffenhandel, der im Urteil am Rand erwähnt wird, in der späteren Kritik aber großen Raum einnimmt, ist ein separater Abschnitt gewidmet. Anhand der revidierten Beweislage kann eingeschätzt werden, welche Bedeutung einer Verwicklung Prauns in Waffengeschäfte de facto zukommt. Lesende sind am Ende des Buches in der Lage, sämtliche Tatmotive einzuwerten, die Tatvorphase und den Tatablauf nachzuzeichnen.
Über den Autor
Jahrgang 1966, nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre 1993 Promotion zum Dr. rer. pol. an der Universität zu Köln mit einer Untersuchung zur ‚Nationalsozialistischen Arbeitsbeschaffung 1933 bis 1936‘. 1994-1996 Stipendiat der DFG und Publikation einer sozialwissenschaftlichen Studie zur ‚Konjunkturpolitik und Krisenüberwindung in der Rezession 1966/67‘. Anschließend bei nationalen und internationalen Prüfungsgesellschaften im Bereich Risk Analytics und forensische Datenanalyse tätig. Neben zahlreichen Publikationen zu wirtschafts-, sozial- und finanzpolitischen Themenstellungen Publikation einer vielbeachteten Fallananalyse zum Mordfall Rosemarie Nitribitt (2013) und Mitwirkung bei der filmischen Dokumentation (2016) in der ZDF-Reihe ‚Skandal! Große Affären in Deutschland‘: Der Fall Nitribitt.