Europaweit und darüber hinaus unterliegen Demokratien alarmierender Aushöhlung. Rapider wirtschaftlicher, kultureller, politischer Wandel weckt Unsicherheiten und Aggressionen; Politiker, Parteien, selbst Regierungen versuchen Bürger durch systematische Lügen zu täuschen; neoliberale Deregulierungen schwächen die Bereitschaft zum zivilgesellschaftlichen Engagement; schroffe Einkommens- und Vermögensunterschiede treiben die Demokratie in Richtung Plutokratie; fremdenfeindliche Vorurteile polarisieren Gesellschaften; Antiterrorismus-Strategien untergraben bürgerliche Freiheiten; Vetospieler hemmen klimapolitischen Wandel.
Zugleich wird seit Jahren gestritten über die Fragmentierung der Politikwissenschaft, ihre zweifelhafte Relevanz und ihre Abkopplung von der breiten Öffentlichkeit. Dieses Buch ist die erste umfassende Studie, die beide Fragenkomplexe miteinander verknüpft und präzise zu ergründen sucht: Wie kann, wie sollte die Politikwissenschaft dem Niedergang der Demokratie in jedem der erwähnten Bereiche entgegenwirken?
Rainer Eisfelds Antworten lauten: Entwicklung einer Wissenschaftskultur öffentlichen Engagements; Auseinandersetzung mit Ursprüngen, Mustern und partizipativer Bewältigung durchgängigen Wandels als Hauptgegenstand der Disziplin; kategorisches Auftreten gegen Tendenzen zu einer Herrschaft notorischer Lügner; Konzentrierung der Forschungsprioritäten auf die Schlüsselbereiche, in denen Demokratie sich zurückbildet; für Laien zugängliche Darstellung gewonnener Resultate; Erweiterung der Analyse zur Präsentation konkreter Gestaltungsvorschläge.Dazu, so Eisfelds Fazit, bedarf es einer Disziplin, die als normativ orientierte, empirisch gestützte Demokratiewissenschaft brisanten Problemen den Vorrang einräumt vor ausgefeilten Methoden und bürgernaher Relevanz vor immer weiterer Spezialisierung.
Inhaltsverzeichnis
1. Menschliche Geschicke verbessern: Leitmotiv der Politikwissenschaft im 21. Jahrhundert.- 2. Wie stellt das Geschick der Menschheit sich heute dar?.- 3. Bewältigung durchgehenden sozialen, kulturellen, politischen Wandels.- 4. Der Politologe des 21. Jahrhunderts als öffentlicher Intellektueller.- 5. Demokratieerziehung durch zugewandte Einwirkung.- 6. Politikwissenschaft als Hürde gegen Desinformation und ein Regime notorischer Lügner.- 7. Bestärkung ethnisch-kultureller Vielfalt, Vermeidung gruppenbezogener Aufspaltung.- 8. Geringes Einkommen, niedriges Bildungsniveau: Die Ungleichheit politischer Ressourcen.- 9. Entschiedene Regulierung kapitalistischer Wirtschaft.- 10. Globale Erwärmung, Machtstrukturen und Lebensbedingungen.- 11. Radikalisierung, Terrorismus, Untergrabung bürgerlicher Freiheiten.- 12. Politikwissenschaft für das einundzwanzigste Jahrhundert: Politisierung einer Disziplin?.
Über den Autor
Rainer Eisfeld, emeritierter Professor für Politikwissenschaft an der Universität Osnabrück, lehrte als Gastprofessor an der UCLA. 2006-2012 vertrat er im Exekutivkomitee der International Political Association die IPSA-Forschungsausschüsse. Zwei Jahrzehnte lang gehörte er dem Kuratorium der KZ-Gedenkstätten Buchenwald/Mittelbau-Dora an