Neben den aktuellen erinnerungskulturellen Trennlinien in Europa behandelt diese Ausgabe des Journal auch positive Beispiele geteilter Erinnerung und stellt Institutionen, Museen und Projekte vor, die auf eine Überwindung dieser Trennlinien hinarbeiten. So ist die Entwicklung der deutsch-französischen Nachkriegsbeziehungen von der blutigen Erbfeind- zur engen Partnerschaft im erinnerungskulturellen Bereich auch eine Erfolgsgeschichte der politisch-historischen Bildung und Ihrer Initiativen, Partnerschaften, Seminare und Austausche. Claus Leggewie vertritt die Auffassung, ‚dass ein supranationales Europa nur dann eine tragfähige politische Identität erlangen kann, wenn die öffentliche Erörterung und wechselseitige Anerkennung strittiger Erinnerungen ebenso hoch bewertet wird wie Vertragswerke, Binnenmarkt und offene Grenzen: Wenn das vereinte Europa also eine geteilte Erinnerung hat, die vergangene Konflikte […] in aller Deutlichkeit benennt, sie aber auch in zivilen Formen bearbeitet und genau darüber eine Gemeinsamkeit wachsen lässt, die die Europäische Union nach innen und außen handlungsfähig macht.‘ Was im bilateralen Bereich – wie beim deutsch-französischen Beispiel – schon oft eine Erfolgsgeschichte ist, kann auch auf europäischer Ebene in Zukunft Wirkungsmächtigkeit entfalten. Unaufgearbeitete Verbrechensgeschichte unterminiert allerdings den Weg in die Demokratie, und hier ist auch die politische Bildung in der Pflicht.
Inhaltsverzeichnis
Editorial
Schwer Punkt
ERINNERUNGSKULTUR IN EUROPA
Uwe Berndt
Europa als Konfliktgemeinschaft der Erinnerungskulturen
Oliver Plessow
Die Europäisierung der Schoaherinnerung im Bildungssektor
Ljiljana Radonic
Postsozialistische Gedenkmuseen und die ‚Europäisierung des Gedenkens‘
Stephan Schwieren, Dirk Mävers
Perspektivwechsel ermöglichen
Ein Beispiel für Geschichtskultur
Konstantin Dittrich
Überwachung und Selbstpreisgabe
Ein Projekt zur digitalen Selbstverteidigung
Mit Denken
Benno Hafeneger
Politische Bildung für ‚Unpolitische‘?
Reflexionen zu einem Dauerthema
Über Grenzen
Claus Leggewie
Warum der 23. August (1939) kein paneuropäischer Gedenktag geworden ist
– und wie man dies ändern könnte
Karolina Hajjar, Maria Lambridou
Weiterentwicklung Internationaler Jugendarbeit unter besonderer Berücksichtigung
bildungsbenachteiligter Jugendlicher in NRW
Lese Zeichen
Politische Jugendbildung – nachhaltig wirksam / Eine deutsche Biographie / Bildikonen europäischer Politikgeschichte /
Pädagogik der Anerkennung / Mehr als Fachwissenschaft
Vor Gänge
Ungleichheiten in der Demokratie – Bundeskongress politische Bildung / Preis Politische Bildung 2015 und Walter-Jacobson-Preis /
Politische Bildung im Gespräch – Parlamentarischer Abend / Praxisorientierte Angebote: Die Transferstelle politische Bildung /
GPJE-Nachwuchstagung in Gießen
Augen Merk
ebb-aede: Europäische Erziehung / Förderung: Weiterführung der Vielfalt-Mediathek gesichert / Partizipation: Neue Veröffentlichung /
(Internationale) Jugendarbeit: Diversitätsbewusstsein / Personen & Organisationen / Veranstaltungen
Über den Autor
Dr. Uwe Berndt ist Studienleiter im Studienhaus Wiesneck – Institut für politische Bildung Baden-Württemberg e.V.
Konstantin Dittrich, M. A., ist Referent für Jugend- und Bildungsarbeit beim Landesverband Hessen im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. in Frankfurt am Main.
Prof. Dr. Benno Hafeneger lehrt Erziehungswissenschaft an der Philipps-Universität Marburg und ist Mitglied der Journal-Redaktion.
Karolina Hajjar (B.A. Erziehungswissenschaft) ist Bildungsreferentin im Projekt ‚Weiterentwicklung internationaler Jugendarbeit unter besonderer Berücksichtigung bildungsbenachteiligter Jugendlicher in NRW‘.
Maria Lambridou (B.A. Erziehungswissenschaft/Germanistik) ist studentische Hilfskraft im Projekt ‚Weiterentwicklung internationaler Jugendarbeit unter besonderer Berücksichtigung bildungsbenachteiligter Jugendlicher in NRW‘.
Prof. Dr. Claus Leggewie ist Professor für Politikwissenschaft an der Justus-Liebig-Universität Gießen und Direktor des Kulturwissenschaftlichen Instituts in Essen.
Dirk Mävers ist Lehrer für Ethik und Evangelische Religion am Max-Planck-Gymnasium in Groß-Umstadt.
Prof. Dr. Oliver Plessow lehrt Didaktik der Geschichte an der Universität Rostock. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen das historische Lernen in nicht-schulischen Bildungszusammenhängen und die Frage nach Möglichkeiten des Lernens aus Massenverbrechen.
Dr. Ljiljana Radonic ist im Sommersemester 2015 Gastprofessorin für kritische Gesellschaftstheorie an der Justus-Liebig-Universität Gießen und forscht im Rahmen ihres Habilitationsprojekts über den Zweiten Weltkrieg in postsozialistischen Gedenkmuseen am Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (APART-Stipendium).
Stephan Schwieren, Dipl. Politologe, ist Referent für Internationale Jugendarbeit im Haus am Maiberg, Akademie für politische und soziale Bildung des Bistum Mainz.