Der Übersetzer Emil Saudek (1876-1941) gehört zu jenen jüdischen Vermittlern zwischen deutschsprachiger und tschechischer Kultur, deren Leben und Wirken bislang kaum beleuchtet wurde. Der Band stellt Saudeks Biografie in einen breiteren kulturgeschichtlichen Kontext und erlaubt spannende Einblicke in das Wien und Prag der Jahrhundertwende sowie die Tschechoslowakei der Zwischenkriegszeit. Emil Saudek wuchs in einer jüdischen Familie in der böhmisch-mährischen Provinz auf, studierte und arbeitete viele Jahre in Wien und ließ sich anschließend in Prag nieder. Neben seiner Beamtentätigkeit übersetzte er die Werke von bedeutenden Autoren wie Otokar Březina, Josef S. Machar oder Tomáš G. Masaryk ins Deutsche und veröffentlichte selbst in tschechisch- und deutschsprachigen Publikationen. Er verkehrte in illustren Kreisen und stand in Kontakt mit zahlreichen Schriftstellerinnen und Schriftstellern seiner Zeit wie z.B. Ivan Olbracht, Stefan Zweig, Růžena Svobodová und Hugo von Hofmannsthal.
Der Band widmet sich der Biografie sowie der übersetzerischen und publizistischen Tätigkeiten Saudeks. Er war nicht nur ein Vermittler zwischen der deutschsprachigen und tschechischen Kultur, sondern aufgrund seiner Herkunft ebenso ein Vermittler zwischen Provinz und Metropole. Auch die Anfänge der Übersetzungstätigkeiten seines Sohnes Erik. A. Saudek werden behandelt und erlauben einen Ausblick auf das Wirken seines Vaters.
Circa l’autore
Michal Topor, Literaturhistoriker und Herausgeber. Seit 2010 Mitarbeiter und seit 2017 Direktor des Institut für Literaturforschung in Prag (IPSL), regelmäßiger Verfasser von Beiträgen wie auch Redakteur der bohemistischen Echa und der germanobohemistischen Echos, bzw. E*forum. Er ist Autor der Monographie Berlínské epizody. Příspěvek k dějinám filologie v Čechách a na Moravě 1878–1914 (Berliner Episoden. Beitrag zur Philologiegeschichte in Böhmen und Mähren in den Jahren 1878–1914, 2015), die sich mit Berlin-Aufenthalten böhmischer und mährischer Intellektueller befasst; als Herausgeber bereitete er den 13. Band der Werke Jaroslav Seiferts (Dílo Jaroslava Seiferta, Publicistika II. 1933–1938, 2011) sowie einen 2014 erschienenen Band der Schriften T. G. Masaryks (Spisy T. G. Masaryka. Z bojů o náboženství. Texty z let 1904–1906) zur Publikation vor. Für das IPSL erstellte er eine Anthologie mit Aufsätzen über den Dichter Jaroslav Vrchlický (Čtení o Jaroslavu Vrchlickém, 2013). 2019 erschien seine Monografie über den bedeutsamen Journalisten Arne Laurin (Arne Laurin /1889–1945/. Příběh novináře, in Mitarbeit mit Daniel Řehák), daneben ist er auch Herausgeber des umfassenden Briefweschsels von Laurin (Arne Laurin /1889–1945/. Dopisy).