Karl II., genannt 'der Kahle’, König von Frankreich und Römischer Kaiser, der wie kein anderer mittelalterlicher Herrscher auf die Kommemoration seines Geburtstags am 13. Juni 823 bedacht war, hat zu seinem zwölfhundertsten Anniversar keine nennenswerte Aufmerksamkeit erfahren. Auch wenn sein traditionelles Negativ-Image seit längerem aufgehellt ist, blieb seine historische Bedeutung weiterhin unterbelichtet. Um sich in der Konkurrenz der karolingischen Teilherrscher zu behaupten, hat er virtuos und wirkungsvoll die Medien und Motive der Repräsentation und Propaganda genutzt. Dazu gehörte neben seinem Mäzenatentum in Wissenschaft, Kunst und Literatur vor allem die Rezeption des in Patristik und Frühmittelalter christlich adaptierten antiken Königsideals, das zur wichtigsten Herrscherfunktion die Selbstdarstellung in modellhaft-prägender Form erklärt. In enger Kooperation mit bischöflichen Helfern hat Karl konsequent seine Rolle als 'christlicher König’ gespielt und dabei zugleich den Grundstock für das symbolische Kapital der französischen Monarchie gelegt: Vom 'Rex christianus’ führt ein gerader Weg zum 'Rex christianissimus’.
O autorze
Ulrich Ernst, geboren 1944 in Rüthen (Kreis Lippstadt)
Wiss. Assistent an der Universität in Köln (Institut für deutsche Sprache und Literatur): 1971-1976
Promotion: 1974 in Köln
Ruf auf eine Professur für Allgemeine Literaturwissenschaft und Deutsche Philologie, Bergische Universität Wuppertal: 1976
Dekan des FB Sprach- und Literaturwissenschaften: 1978-1979
Leiter der Forschungsstelle Visuelle Poesie (BU): 1982-2020
Ruf auf eine Professur für Ältere Deutsche Literatur (Mediävistik): 1994 Universität Hamburg (abgelehnt)
Mitgliedschaft in der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt: 1995-2020