Im Alltag wissen wir über vieles so gut Bescheid, dass wir im Allgemeinen richtig „funktionieren“ können. Dieses Vorwissen ist aber kein methodisch erarbeitetes und kritisch reflektiertes Wissen über Zusammenhänge oder Gründe und Motive, schon gar nicht über gesellschaftliche Verknüpfungen. Insofern hat der Alltag seine eigene „Logik“, seine eigenen Relevanzen und eigene Handlungszwänge. Zu dieser eigenen Vernünftigkeit gehört auch ein spezifisches Wissen über das, was gut und schlecht, geschuldet und „gesollt“ ist. Solche moralischen Regelungen sind wesentliche Stabilisatoren, um vielfältige, alltägliche Situationen bewältigen zu können. Entsprechend streng ist die gesprächsweise („diskursive“) Verarbeitung der moralischen Selbstverständlichkeiten und die gemeinsame Sanktion in Form von Entrüstung, Verärgerung oder Verachtung bei Übertretung dieses moralischen Kodex. Es ist Aufgabe dieses Bandes den Alltag nach seinen impliziten ethischen Postulaten zu durchforsten. Dabei geht es überwiegend nicht um die theoretische Begründung der Pflichten (d.h. um Ethik), sondern um alltagsweltliches Erleben, Bewusstsein, Erwartungen und praktisches Handeln (d.h.um Moral). Beispielhaft zeigt sich dieser Zusammenhang an den 5 Sinnen, die alle moralisch bzw. kulturell „imprägniert“ sind.
Spis treści
Kurze Wegleitung – Zur alltagsmoralischen Durchdringung der Sinne.- Alltagsmoralen. Die Sinne und das pflichtgemässe Handeln.- Die fünf Sinne.Körperliche Vorgaben und gesellschaftliche Einflüsse.-Zur Alltagsmoral der Blicke.- Wer Ohren hat zu hören … Über eine zentrale Dimension der Welterfassung.- Zwischen Apathie und Utopie. Soziologisches und Phänomenologisches zum Geruchssinn am Beispiel des Ersten Weltkrieges.- Schmeckt’s? Über einen zentralen Ausschnitt unserer materiellen Welt.- Der Tastsinn – Konstanten und Veränderungen.- Die Welt der Sinne und der Geist der Synästhesie – zur Medizin- und Kulturgeschichte der Körpererfahrung.- Sinn der Sinne. Ästhesiologie und Soziologie bei Simmel und Plessner.- Zur Anthropologie der Sinne am Leitfaden der Selbstbezüglichkeit des Lebens.- Autorenverzeichnis.
O autorze
Dr. Alfred Bellebaum ist Professor für Soziologie (em.) an der Universität Koblenz-Landau und Honorarprofessor an der Universität Bonn.
Dr. Dr. Robert Hettlage ist Professor (em.) am Institut für Soziologie der Universität Regensburg.