In der Apostelgeschichte beschreibt der Evangelist Lukas das Gemeinschaftsleben der ersten Christen in Jerusalem. Als Zeichen ihrer vollendeten Eintracht schildert er die Gütergemeinschaft. Die Gläubigen hätten ihre Habe verkauft und die Erlöse in die Gemeinde eingebracht, sodass niemand mehr irgendetwas sein Eigen genannt habe und alle mit dem Notwendigen versorgt gewesen seien. Im institutionalisierten Christentum verstand man die urchristliche Gütergemeinschaft zunächst hauptsächlich als Muster für das Klosterleben. Erst im späteren Mittelalter wurden vermehrt Stimmen laut, die die Gütergemeinschaft zum Leitbild für die gesamte Christenheit erhoben und mitunter seine Verwirklichung außerhalb der Klostermauern betrieben.
Christian Hoffarth ergründet die Ursachen dieser wirkmächtigen Neubewertung des biblischen Ideals auf Basis exegetischer Texte des Spätmittelalters. Vom franziskanischen Anspruch auf völlige Besitzlosigkeit bis zu John Wyclifs Ruf nach Enteignung des gesamten Klerus entfaltet die Studie ein breites Panorama mittelalterlicher Vorstellungen von der heilsgeschichtlichen, sozialtheoretischen, rechtlichen und politischen Bedeutung der Urkirche sowie ihres utopischen Potentials.
Despre autor
Christian Hoffarth, Studium der Mittleren und Neueren Geschichte und Germanistik an der Universität Heidelberg. Anschließend Promotionsstipendiat der Gerda Henkel Stiftung und Lehrbeauftragter an der Universität Kiel, seit 2014 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für die Geschichte des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit an der Universität Duisburg-Essen. Forschungsschwerpunkte sind die politische und religiöse Ideengeschichte des späteren Mittelalters sowie die mittelalterliche Bibelexegese.