Der Regisseur Karl Fruchtmann (1915-2003) wurde als Jude verfolgt und war zeitweilig in den Konzentrationslagern Sachsenburg und Dachau inhaftiert. Seine Filme sind noch heute eindrucksvolles Zeugnis eines lebenslangen Kampfes gegen das Vergessen.
Den Fernsehfilmen Karl Fruchtmanns eignet eine ganz eigene Kontur. Das gilt für die Themen, besonders jene, die eingreifen in die Debatte um die Darstellbarkeit der Shoah, aber auch für seine spezifische Inszenierungsweise und filmische Poetik. Seine Arbeiten setzen streng auf eine analytische Erzählstruktur. Fruchtmanns Stil ist zurückgenommen und besteht aus dem genauen Blick auf die Gesichter seiner Protagonisten und einer nuancierten Tonalität. Beim WDR erlernte er das filmische Handwerk und führte dort auch 1962 zum ersten Mal Regie. Sein Heimatsender aber wurde Radio Bremen, wo er ab 1963 allein 21 Filme verwirklichte.
Fruchtmanns Grundthemen waren die Unterdrückung und die Gewalt von Menschen gegen andere Menschen, wesentlich gespeist durch seine Lagererfahrungen. Filme wie ‘Kaddisch nach einem Lebenden’ (1969), ‘Zeugen – Aussagen zum Mord an einem Volk’ (1981) und ‘Die Grube’ (1995) sind Marksteine bei dem Versuch, die Schrecken der Verfolgung, Ausgrenzung und des millionenfachen Mords an den europäischen Juden einem Fernsehpublikum begreifbar zu machen.
Mit DVD ‘Kaddisch nach einem Lebenden’, ein Film von Karl Fruchtmann, © 1969 Radio Bremen
Despre autor
Torsten Musial ist Leiter des Archivs Film- und Medienkunst an der Akademie der Künste, Berlin.
Nicky Rittmeyer ist Mitarbeiter im Archiv Film- und Medienkunst der Akademie der Künste, Berlin.