Der vorliegende Band versammelt die Beiträge des internationalen Kongresses in Frankfurt am Main, mit dem im September 1996 an die Erste Germanistenversammlung von 1846 am selben Ort erinnert wurde. Ausgehend von dem 1846 noch weiter verstandenen Begriff des ‘Germanisten’, unter dem Rechtshistoriker, Historiker und Sprachforscher gefaßt wurden, wird die Spezialisierung der Germanistik zu einer Nationalphilologie und in komparatistischer Perspektive das seit den Anfängen problematische Verhältnis von Nation und Philologie in Europa bis zur Gegenwart reflektiert. Fragen der Traditionsbildung, des Wissens- und des Kulturtransfers sowie der politischen Implikationen philologischer Arbeit werden in systematischen und biographischen Ansätzen exemplarisch untersucht.
Содержание
Inhalt: Bundespräsident Roman Herzog , Rede zur Eröffnung des Kongresses. — Eberhard Lämmert , Zurück zu den Anfängen? Die kulturwissenschaftliche Weite der Germanistik um 1846. — Jürgen Habermas , Was ist ein Volk? Zum politischen Selbstverständnis der Geisteswissenschaften im Vormärz. Sektion 1846: Rainer Koch , Stadtverfassung und Stadtentwicklung Frankfurts 1815-1850. — Thomas Bein , Mittelalterliche deutsche Literatur in den ersten Literaturgeschichten. — Lothar Bluhm , ‘die Wissenschaft für deutsche und nordische Alterthümer ist bei uns im Entstehen, sie bildet sich so eben.’ Jacob und Wilhelm Grimm und die frühe Deutsche Philologie. — Hartwig Brandt , Die ‘Germanisten’ im Vormärz zwischen politischer Theorie und praktischer Politik. — Uwe Meves , Das Fach deutsche Sprache und Literatur an den deutschen Universitäten im Jahr 1846. — Michel Espagne , Deutsche Literatur als akademische Disziplin an französischen Hochschulen vor 1870/71. — Erika Hültenschmidt , Sprachwissenschaft der germanischen Sprachen an der Sorbonne (1852-1856). Über den französischen Gebrauch einer deutschen Wissenschaft. — Ulrich Muhlack , Historie und Politik im Vormärz. — Preben Meulengracht Sorensen , Sprachwissenschaft und Nationalismus im 19. Jahrhundert in Skandinavien. — Hans Fromm , Der Weg der ‘nationalen Wissenschaften’ durch die finnische Geschichte über 150 Jahre. — Bengt Algot Sorensen , Die Anfänge der deutschen Germanistik, aus nordischer Sicht. — Luigi Marino , Die Bestimmung des Philosophen. Aspekte der deutschen Bildungsgeschichte im frühen 19. Jahrhundert. — Walter Schamschula , Germanistik — Slawistik — Bohemistik: Die Herausbildung nationaler Leitbilder am Anfang der tschechischen ‘Wiedergeburt’. — Reinhard Schulze , Arabische Philologie im 19. Jahrhundert. — Richard Baum , Die Wende in der Philologie: Die Geburt der Sprachwissenschaft aus dem Geist der Romantik: Jacob Grimm und Friedrich Diez. — Hartmut Scheible , Gustav Freytag als Germanist. — Friedrich Wolfzettel , 1846: Humanistische Tradition, liberaler Aufbruch und die Geburt nationaler Literaturgeschichtsschreibung aus der Entdeckung des ‘französischen Geistes’. — Wilhelm Busse , Jacob Grimm und die englische Philologie. — Klaus von See , Jacob Grimm und die Göttinger Protestation von 1837. — Walter Boehlich , Germanien oder Europa. Sektion 1896: Ulrich Hunger , Deutsche Philologie in Göttingen um 1896: Moriz Heyne und Gustav Roethe zwischen ‘Deutschem Wörterbuch’ und deutscher Kulturwissenschaft. — Dietz Bering , Juden und Deutsche — ein cultural pair? Argumente gegen Daniel Goldhagen. — Peter Landau , Prinzipien germanischen Rechts als Grundlage nationalistischer und völkischer Ideologien. — Ulrich Schröter , Zwischen Tradition und Umbruch. Zur Germanistik um 1900 an Universität und Akademie in Berlin. — Bernhard vom Brocke , Wege aus der Krise. Universitäts-Seminar, Akademie-Kommission oder Forschungsinstitut. Formen der Institutionalisierung in der Germanistik und Deutschen Literaturwissenschaft im Rahmen der Geistes- und Naturwissenschaften. — Michael Stanley Batts , Die englische Germanistik um 1896: eine bodenständige oder eine importierte Disziplin? — Thomas Finkenstaedt , Fach und Sprache: Schwierigkeiten der jungen Englischen Philologie. — Peter Ihring , Romanistik in Italien zwischen 1870 und 1900: Die scuola storica und ihr Interesse an den europäischen Wurzeln der italienischen Nationalliteratur. — Christophe Prochasson , Les configurations d’un vertige: Charles Andler und Deutschland. — Harro Stammerjohann , Die Rezeption Graziado Isaia Ascolis im deutschen Sprachgebiet. — Peter Wiesinger , Die Entwicklung der Germanistik in Wien im 19. Jahrhundert. — Christoph König , Zur Philologie und Poesie um 1900 am Beispiel Hugo von Hofmannthals. — Anatoli Domaschnev , Zur Entwicklung der Germanistik in Rußland vom Ende des 19. bis in die zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts. — Olaf Hansen , Aspekte einer amerikanischen Nationalliteratur. — Rainer Rosenberg , Literaturwissenschaft als Geistesgeschichte. Die Weiterungen für den Stilbegriff. — Mariella Cagnetta , Altphilologie in Italien. Zwischen Nationalismus und Historismus. Die Polemik Croce Pasquali. — Frank Baasner , Die Beschwörung nationaler Einheit in den spanischen Literaturgeschichten des 19. Jahrhunderts. — Lars Gustafsson , Philosophische Ästhetik und historische Literaturforschung. Eine Problematik des akademischen Literaturunterrichts in Schweden im 19. Jahrhundert. — William M. Calder III. , ‘Denn er schafft hellenisch, weil er deutsch, nicht classicistisch schafft.’ Ulrich Wilamowitz-Moellendorff und die Germanistik. Sektion 1946: Notker Hammerstein , Der Wiederbeginn der Philosophischen Fakultät 1946: allgemeine Voraussetzungen und das Beispiel Frankfurt am Main. — Christoph Perels , Ernst Beutler, das Freie Deutsche Hochstift und die Universität-Germanistik. — Christa Hempel-Küter , Anfänge, Sachzwänge — kaum Neubeginn. Zur Lage der Hochschulgermanistik nach dem Ende des zweiten Weltkriegs. — Otfried Ehrismann , ‘Ein schäbiger Konjunkturismus des damals Üblichen war ihm fern.’ Hans Naumann und seine bundesrepublikanische Rezeption. — Klaus Doderer , Literaturwissenschaft und Jugendbuchforschung. Langsame Annäherungen. — Reinhard Lauer , Der lange Weg zur Literaturwissenschaft: Etappen der deutschen Slawistik. — Ernst Eichler , Öffnung in die Zukunft: Zur Entwicklung von Germanistik und Slavistik in Leipzig. — Hans Ulrich Gumbrecht , ‘Er muß immer arbeiten, tanzen, lieben, sich bewegen.’ Ein Porträt Leo Spitzers aus der Perspektive von Erich Auerbach. — Wolfgang Nitz , Goethe in Japan. — Eda Sagarra , Die britische Germanistik von 1896 bis 1946. — Carel Ter Haar , Nicht nur ein Appendix: Zur Relation zwischen Germanistik und Niederlandistik. — Teresa Seruya , Wolfgang Kayser in Portugal. Zu einem wichtigen Kapitel der portugiesischen Germanistik. — Manfred Naumann , Werner Krauss 1947 in Leipzig. Eine Zeugenaussage von Manfred Naumann. — Hans Eichner , Bemerkungen zur Rolle der deutschen Einwanderer in der englischsprachigen Germanistik seit 1933. — Gustav Korlén , Produktive Emigration am Beispiel von Walter A. Berendsohn (1884-1984). — Petra Boden , ‘Es geht ums Ganze!’ Vergleichende Beobachtungen zur Germanistik in beiden deutschen Staaten 1945 bis 1989. — Michael Nerlich , Victor Klemperer Romanist, oder von Spielhagen zu Montesquieu und Voltaire. — Tomas Forser , Der Fall Fredrik Böök. Vom ‘Reichseichmaß’ zur Tragödie. Sektion 1996: Karol Sauerland , Ostmitteleuropa als Herausforderung für die Germanistik. — Wilhelm Voßkamp , Literaturwissenschaft und Kulturwissenschaft. Versuch einer Bestandsaufnahme. — Wolfgang U. Dressler , Textlinguistik und die Isolierung der Grammatik von Pragmatik und Diskurs. — Ulrich Wyss , Deutsches Altertum, Europa der Zukunft … Über die ältere Literatur in einer modernen Germanistik. — Brigitte Schlieben-Lange , Die deutsche Konzeption der Romanistik: ein Modell für die Zukunft? — Cynthia Walk , Germanistik im Department of Literature. Ein singuläres Modell in den USA. — Frank Trommler , Germanistik nicht als Nationalphilologie. Die Entwicklung des Faches in den USA. — Antal Mádl , Neue Möglichkeiten einer ‘Anrainer’-Germanistik. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunftsperspektiven. — Terence James Reed , Philologie als Hindernis: zur Negativität von Wissenschaft. — Klaus Lüderssen , Die Juristen und die schöne Literatur. Stufen der Rezeption. — Helwig Schmidt-Glintzer , Kultur (wen) statt Nation (guo). Das Beispiel der chinesischen Literatur und Philologie. — Manfred Fuhrmann , Die Nation in den Darstellungen der griechischen und römischen Literatur. — Andrei Corbea-Hoisie , Paradoxien und Dilemmata der rumänischen Germanistik. — Ralph-Rainer Wuthenow , Germanistik in Japan. — Robert Weimann , Shakespeare im andern Deutschland. Weimar als grenzüberschreitender Ort der Literaturgeschichte. — Peter Jehle , Erich Auerbach: ein europäischer Philologe. — Hartmut Bobzin , ‘Satanische Philologie’? Zur deutschen ‘Orientalistik’ und Reaktionen auf sie aus dem Orient.